Neun Milliarden Euro privates Kapital
Rob Thielen hatte Waterland 1999 gegründet. Der heute 60-Jährige ist Aufsichtsratsvorsitzender des niederländischen Privat Equity-Investors. Neun Milliarden Euro Anlagegelder stecken in über 750 Unternehmen, an denen sich Waterland in acht europäischen Kernländern beteiligt hat. Der VC hat einen Branchenfokus auf vier Themen: Luxus- und Freizeitsegment, Nachhaltigkeit, Rehakliniken und Seniorenheime sowie „Outsourcing & Digitalization“. Im letzteren Bereich ist Waterland neben der Netgo-Gruppe in sieben weiteren Holdings allein in Deutschland investiert. Darunter Enreach (zu denen auch Swyx gehört) als Spezialist für Voice/UCC, der IT-Dienstleister Skaylink, Finanzsoftwareanbieter Serrala, Inkassospezialist coe Inkasso und Yieldkit - ein Online-Marketingdienstleister, bei dem auch Xing-Gründer Lars Hinrichs mitmischt.
Hechtsprung in die Pleite
An Thielen dürften sich noch einige IT-Insider hierzulande erinnern, als seine Waterland 2005 beim damals 47-Millionen Euro schweren Kölner IT-Dienstleister Arxes eingestiegen war. Thielen wollte mit viel Expansionskapital aus dem „kleinen Fisch“ einen „Hecht“ im deutschen Systemhausmarkt machen. Erst wurde die börsennotierte Arxes mit Stinnes-Data-Service zu einem Unternehmen mit 860 Mitarbeitern, Jahressumsatz fast 100 Millionen Euro, zusammengelegt. Aus den roten Zahlen indes kam Arxes nie heraus. Der Anfang vom Ende der ehrgeizigen, aber gescheiterten Expansion unter dem anfangs noch als CEO fungierenden Udo Faulhaber: Thielen verkalkulierte sich, zog die Reißleine und verkaufte schließlich mehrheitlich an die TDMI Duitsland Holding.
Es versuchte sich nun Detlef Linde. Mit seinen IBM-Systemhäusern unter der TDM-Gruppe wollte er die „neue Arxes“ wieder aufrichten. „Lieber ein Schrecken mit Ende, als ein Ende ohne Schrecken: Nach dieser Devise hat sich der Arxes-Mehrheitsaktionär Waterland von seiner Beteiligung getrennt. Jetzt darf ein anderer niederländischer Investor sein Glück mit der glücklosen Arxes NCC AG probieren“, schrieb ICT CHANNEL 2007. Zwei Jahre später, im Sommer 2009, war die neue Muttergesellschaft der Kölner, TDMi, pleite.
Zusammenführen statt Zusammenkaufen
Thielen und Linde traten ehrgeizig als Konsolidierer des Systemhausmarkts auf und mussten in eigener Beteiligung konsolidieren. Hermann Schaber, bis heute CEO der Datagroup, schlug zu und kaufte 2010 Arxes aus der insolventen Mutter TDMi heraus. Investorengeld, aktuell so reichlich wie nie vorhanden, ließ und lässt auch heute noch schnell eine Systemhausgruppe oder ein Konglomerat an Cloud- und MSP-Spezialisten entstehen.
Die Mammutaufgabe, um eine Buy-and-Build-Strategie zum Erfolg zu führen, bleibt indes damals wie heute unverändert: „Aus zahlreichen Einzelgesellschaften ein schlagkräftiges Systemhaus formen: eine Führungsmannschaft zusammenstellen, Personalfragen entscheiden, den Vertrieb gemeinsam organisieren, das Portfolio abstimmen, Doppelfunktionen abbauen und Niederlassungen in Städten räumlich zusammenführen“, so das Fazit von ICT CHANNEL zu unerfülltem Investoren- und Managerehrgeiz, der Arxes und viele andere in einer Holding zusammengewürfelten IT-Dienstleister scheitern ließ.
Vorbild Bechtle und Datagroup
Ein nicht aus der IT-Branche stammender Kapitalgeber wie Rob Thielen ist ebenso wenig ein Garant für Erfolge wie es ein in der IT-Branche beschlagener Manager sein muss, der, wie Detlef Linde (heute Mitglied der Geschäftsleitung bei Computacenter) viel vom operativen Geschäft und dem IT-Markt versteht. Wachstum um jeden Preis und nur um der Größe willen, gibt es beim Datagroup-CEO Schaber und auch bei Akquisitionsweltmeister Bechtle nicht (über 100 Übernahmen seit 1982).
Das neue Netgo-Management und sein Investor Waterland können auf beide Vorlagen zurückgreifen: gelungenes und gescheitertes Buy-and-Build. Es wäre für die in den beiden letzten Jahren so rasant gewachsene Netgo-Gruppe nun höchste Zeit, an Zusammenführung zu arbeiten.