In der IoT-Diskussion und bei der Betrachtung möglicher Szenarien für Anwendungen stehen zumeist die Objekte – mit den Komponenten wie Sensoren, Aktoren und Kommunikatoren – sowie die Kommunikation, also das Internet, im Vordergrund. Ein weiterer wesentlicher Punkt steht eher im Schatten: die Integration in die Prozesse. Das Verbauen von IoT-Komponenten und das Sammeln der dort generierten Daten mag im Einzelfall nicht immer einfach sein; die eigentliche Herausforderung liegt jedoch darin, mit diesen Daten etwas Sinnvolles anzufangen – jenseits einer rein technisch definierten Ebene.
Will man beispielsweise – um im Verkehrswesen zu bleiben – ein intelligentes “Incident Management System” (IMS) aufbauen, das den Straßenverkehr optimieren und die Verkehrsströme in Echtzeit steuern kann, so müssen als technische Voraussetzung bestehende Sensoren in den Fahrbahnen, an Ampeln, aber auch in den Fahrzeugen selbst ausgewertet und die Daten über die Webinfrastruktur zu den Leitstellen übermittelt werden.
Dort müssen die Systeme in der Lage sein, die Sensordaten zu analysieren, daraus automatisch Benachrichtigungen oder Störungsmeldungen zu veranlassen und überdies selbstständig und dynamisch Prozesse anzustoßen, mit denen die Verkehrsbelastung reduziert wird. Das könnte beispielsweise die Teilsperrung bestimmter Strecken sein oder die Zuweisung von Umleitungen, was auf die individuellen Navigationsgeräte der Verkehrsteilnehmer zurückgespielt wird. Ein dynamisches Case-Management ist dabei unverzichtbar, um eine entsprechende Prozess-Visibilität zu gewährleisten.
Für erfolgreiche Analysen ist es entscheidend, die Daten zeitnah in intelligente Entscheidungen zu überführen. Mit der steigenden Anzahl von Smart Devices und womöglich Smart Cars haben traditionelle IMS allerdings häufig Schwierigkeiten mit der immer größeren Anzahl von Ereignissen, Störungsmeldungen und Alarmen in Echtzeit umzugehen. Verursacht zum Beispiel ein LKW einen Verkehrungsunfall mit anschließendem Stau, müssen innerhalb kürzester Zeit Zehntausende von Ereignissen analysiert, strukturiert und automatisiert bearbeitet werden. Informationen sind an das Servicepersonal weiterzuleiten, Rettungs- und Bergungskräfte zu alarmieren, die Ampelschaltung auf Ausweichrouten ist dynamisch in Abhängigkeit vom Verkehrsaufkommen zu ändern, und schließlich muss die Straßenreinigung aktiv werden. Dazu sollte das IMS-System kanalübergreifend arbeiten können, um alle Teilnehmer am Geschehen von der Feuerwehr über die Straßenmeisterei bis hin zu Fußgängern über den jeweils passenden Kommunikationskanal zu erreichen.
Technisch und organisatorisch basiert ein IMS auf einer Technologieplattform, die über hochentwickelte analytische Fähigkeiten verfügt, und die Complex Event Processing (CEP) unterstützt. Es reicht dabei weit über einzelne Störungsfälle hinaus, denn in den von den vernetzten Sensoren gesammelten Daten lassen sich mittels Analytics-Methoden Muster erkennen, die wiederum in einem Predictive-Modell für Vorhersagen, beispielsweise hinsichtlich der Unfallwahrscheinlichkeit auf bestimmten Strecken, verwendet werden können.
Ergänzend können im Rahmen des Decision Management unter Verwendung der Vorhersage-Modelle proaktiv Lösungen (Next Best Action) für aktuelle Situationen vorgeschlagen und beispielsweise Ausweichrouten, auch ohne vorherigen Unfall, freigegeben werden. Aus den Ergebnissen der vorgeschlagenen Aktivitäten lassen sich wiederum Rückschlüsse über deren Effektivität ziehen. Das Decision Management-System nutzt solche Erkenntnisse, um Entscheidungsstrategien selbstlernend anzupassen, führt also Adaptive Decisioning durch. Bei der Koordination des reibungslosen Ablaufs schließlich hilft ein Case- beziehungsweise Business-Process-Management-System.
Der Autor Georges Faddoul ist Regional Director Schweiz bei Pegasystems