Network Slicing erlebt derzeit eine wahre Renaissance, nicht nur wegen des anstehenden 5G-Ausbaus. Die Technologie ermöglicht mehr Flexibilität und beschleunigt Transformationsbestrebungen von Unternehmen. Doch wie passt Network Slicing mit all seinen Ausprägungen in die Internet-Realität von heute?
Technologisch betrachtet handelt es sich beim Network Slicing nicht um eine Revolution, sondern um eine konsequente Entwicklung. Die Möglichkeit, Hardware durch den Einsatz von Software mehr Funktionalität zu verleihen, hilft, um mit sich schnell ändernden Anforderungen Schritt zu halten. Aufgabenbereiche, die klassisch von Hardware abgedeckt wurden, werden nun – aufgrund der größeren Flexibilität – in vielen Bereichen von Software übernommen. Zunächst ist Network Slicing eine Methode, bei der eine physische Netzwerkinfrastruktur in verschiedene virtuelle Netze partitioniert wird, um unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten auf ein und derselben Infrastruktur abdecken zu können sowie mehr Flexibilität zu erhalten. Somit können Funktionen abstrahiert werden, die zuvor ausschließlich von Hardware und darübergelegter Software abgebildet wurden. Das Slicing beschreibt also die Methode der logischen Aufteilung der Infrastruktur in kleinere Teile, über die unterschiedliche Dienste laufen können.
Die Netzwerkaufteilung hat ihre Vorläufer in der Telefonie und wurde durch die Begrifflichkeit des Network Slicing keinesfalls neu erfunden. ATM lässt sich als Urvater betrachten, da bereits durch die Technologie des asynchronen Transfer-Modus variierende Dienstqualitäten, wie Echtzeitkommunikation und weniger kritische Dienste, auseinandergehalten wurden. Damals waren Hard- und Software noch eng in einer Box verbunden, da auf den ATM-Routern lediglich identisch große Päckchen nach unterschiedlichen Prioritäten sortiert wurden. Auch der Nachfolger IMS (IP Multimedia Subsystem) versuchte, Services aus Telefonie- und Datenwelt zu trennen und entsprechend, die Netzwerke aufzuteilen. Auch wenn die Dienste über das gleiche Netz angeboten wurden, sollten die klassischen Telefonie-Dienste von der neuen IP-basierten Servicewelt abgetrennt werden.
Allerdings kam man mit der Zunahme der Komplexität der neuen Anforderungen auf immer höhere Abstraktionsebenen. Da die Netzaufteilung anfangs noch aufwendig und teuer war, setzten sich diese Vorläufer nicht auf breiter Front durch. In der Folgezeit entfernten sich Hardware und Software weiter voneinander, um damit flexiblere Möglichkeiten zu schaffen. Durch MPLS (Multi Protocol Label Switching) erhielt Network Slicing als Architekturvariante neuen Auftrieb. Da ein Großteil der Kommunikation mittlerweile internetbasiert ist, werden nun auf IP-Netzen verschiedene Dienstqualitäten voneinander getrennt. Die wichtigste Unterscheidung findet nach wie vor zwischen Echtzeitdiensten, wie Audio und Video, und weniger Bandbreiten- und latenzkritischen Diensten statt.
Anwendungsfall Mobilfunk
Der bekannteste Einsatzbereich für eine solche Netzwerkaufteilung ist im Mobilfunkbereich anzutreffen. Die Telekommunikationsanbieter nutzen Network Slicing, um durch die Aufteilung ihrer kabelgebundenen und drahtlosen Netze verschiedene Latenz- und Kostenprofile anzubieten – entsprechend der benötigten Datenraten, Geschwindigkeiten oder Kapazitäten. Da Echtzeitdienste andere Verfügbarkeitsanforderungen haben als Datendienste, kann durch die virtuelle Aufteilung der Netzwerkinfrastruktur die nötige Flexibilität als Antwort auf die variierenden Anforderungen bereitgestellt werden. Für Voice oder Video, wo Live-Übertragung ohne Paketdatenverluste gefordert ist, stellen Telko-Anbieter höhere Datenraten zur Verfügung als für den Datei-Download oder generelles Surfen, wo die Geschwindigkeit variieren darf. Die Netzwerkbetreiber legen dabei hauptsächlich Wert auf die Abgrenzung verschiedener Dienstqualitäten je Kunde, ermöglichen darüber hinaus aber auch die feste Zuweisung von Funkzellenkapazitäten an bestimmte Kunden. Man suchte nach internen Mechanismen, um diese Dienste zu trennen und wollte gleichzeitig dem Kundenwunsch nach mehr WAN-Diensten entsprechen sowie danach, diese schneller provisionieren und deprovisionieren zu können.
Seit ihren Anfängen stiegen die Anforderungen an die Dienste. Zu den klassischen Services – wie Voice, Video und Internetkommunikation – kamen neue Bedürfnisse hinzu, für die abgespaltene Netzwerkkapazitäten erforderlich wurden. Eines der großen Themen ist schon heute das Internet of Things (IoT), bei dem sehr viele verschiedene Maschinen untereinander und mit unterschiedlichen Zielen kommunizieren. Aufgrund des hohen Sicherheitsbedarfs der Kommunikation von kritischen Infrastrukturen beispielsweise bietet es sich an, abgetrennte Netzwerkbereiche zur Verfügung zu stellen. Ein weiterer Anwendungsbereich ist die Automatisierung von Smart Homes oder Gebäuden, bei denen es aufgrund der Masse der vernetzten Geräte und deren Sensoren auf eine möglichst günstige Bereitstellung der Leitungskapazität durch den Provider ankommt. Auch der Straßenverkehr mit Connected Cars lässt schon heute weitere Anwendungsfelder für den Datenaustausch sichtbar werden, wie die Kommunikation vom Auto zum Hersteller, untereinander oder zu Infrastrukturen. Die Anbieter stellen das Mobilfunknetz der 5. Generation (5G) bereits durch virtuelle Teilnetze darauf ein, weitere Anwendungsszenarien, wie das Internet der Dinge (IoT) oder Connected Cars, zukunftsorientiert abzubilden.