Nach anfänglichem Zögern haben sich die Distributoren den Herausforderungen, die neue Zukunftstechnologien wie Big Data, Cloud Computing oder das Internet of Things mit sich bringen, aber doch recht erfolgreich angenommen, konstatiert die Interessenvertretung Global Technology Distribution Council (GTDC). Folglich sieht der Verband in seinem Bericht »Insights into 2017« die Distributoren in einer guten Ausgangsposition, um ihre Bedeutung als Schaltstelle und Antreiber der technologischen Entwicklung im ITK-Channel zu untermauern. »Die Distributoren spielen heute durch ihre stark diversifizierten Service-Portfolios eine wichtige Rolle bei der Entfaltung neuer Technologien«, fasst GTDC-CEO Tim Curran die Ergebnisse der Expertenbefragung zusammen. Für seinen Bericht hat der GTDC mehr als 70 hochrangige Channelexperten der Herstellerpartner befragt und über 20 Top-Manager der zur Interessenvertretung gehörenden Distributionsschwergewichte wie Arrow, Avnet, Ingram Micro und Tech Data. Wichtigstes Fazit: Der Channel und die Distribution können ihre Schlüsselrolle sogar ausbauen. In der Expertenumfrage gehen fast 62 Prozent der Befragten davon aus, dass sich der indirekte Vertrieb schneller als der Direktvertrieb entwickelt. Zum Vergleich: Nur sieben Prozent der befragten Hersteller erwarten, dass sie im Direktvertrieb schneller wachsen als im indirekten Vertrieb. Die Hersteller loben im Bericht ausdrücklich, wie erfolgreich sich die Zwischenhändler inzwischen auf die neuen Technologien und Geschäftsmodelle eingestellt haben und erwarten, dass die Distributoren mit einem erweiterten Service-Angebot in zunehmend engeren Kollaborationsmodellen zu wichtigen Pionierpartnern für Hersteller und Handel in den neuen Wachstumsfeldern werden.
Als Beispiel wird der Bereich Business Analytics hervorgehoben, wo die Großhändler über ihre BI-Tools bereits seit Jahren umfangreiche Informationen über Supply Chain-Prozesse und Kundenverhalten sammeln. Mit immer komplexeren Business Intelligence-Lösungen werden die Distributoren zu immer wichtigeren Auskunftsstellen, wie etwa Kirk Robinson, SVP Go-to-Market bei Ingram Micro feststellt: »Distributoren sind Datenminen. Wir haben das Markt-Knowhow und die dazugehörigen Datenanalysen, auf deren Grundlage unsere Geschäftspartner die richtigen Geschäftsentscheidungen treffen und bessere Lösungen konstruieren können.« In dasselbe Horn stößt Also-CEO Gustavo Möller-Hergt, wenn er unterstreicht: »Wir haben mutig in neue Plattformen, Systeme und neue Mitarbeiter investiert und dabei vor allem auch unsere analytischen Fähigkeiten gesteigert.« Der Also-Chef sieht hierfür ein wichtiges Erfolgsrezept für die Umwälzungen der Zeit, denn »wir alle brauchen analytische Systeme, die die Entwicklungen analysieren und maßgebliche Aktivitäten einleiten« könnten. Möller-Hergt hält allerdings nicht viel von Schlagworten wie Big Data: »Data ist doof«, blafft er. Man brauche viel mehr Systeme die Daten entziffern können. Und natürlich nach wie vor die menschliche Intelligenz, denn der Mensch sei trotz aller Plattform-Intelligenz nach wie vor die entscheidende Komponente. »Wir haben durch unsere Investitionen nicht die Möglichkeit der Management-Entscheidung reduziert«, betont er, »denn es ist absolut notwendig am Ende Manager zu haben die mit den Systemen umgehen können, zu den richtigen Erkenntnissen gelangen und ihre Kompetenzen dadurch verbessern.«
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Eine wesentliche Folge dieser maschinenbetriebenen Analyse ist auch, dass die Distributoren viele Vertriebsabläufe automatisieren, was einen Skalierungsvorteil für den ohnehin stets unter Margendruck stehenden Zwischenhandel mit sich bringt. Doch auch hier warnt Möller-Hergt: »Wie sieht der Verkauf der Zukunft aus? Ich glaube, wir brauchen auch künftig die richtige Balance aus automatisierter IT und nicht-automatisierten Lösungen.« Mit Blick auf die Distributionswettbewerber fügt er hinzu: »Ich sage nicht arrogant, wir sind die einzigen, die das alles richtig machen. Ich freue mich, wenn sich die Distributionskollegen ebenfalls erfolgreich entwickeln, denn das hilft uns allen.«
Da passt es gut, dass Tech Data-Chef Michael Dressen das bei aller Verschiedenheit der Ausrichtung, dies durchaus ähnlich sieht: »ITK-Technologien werden immer komplexer. Eine künftige Hauptaufgabe der Distribution muss es sein, zukunftstaugliche, aber hochkomplexe Anwendungen in einfach zu verkaufende Lösungen umzuformen.« Als Beispiel führt er das neue Full Service-Portal für MPS an, das der Broadliner eben erst in Kooperation mit dem Dienstleister Printer4U gestartet hat. Das Portal soll Fachhändlern ermöglichen, innerhalb weniger Minuten ein MPS-Angebot zu erstellen und direkt an den Endkunden zu verschicken. Der Vertragsabschluss findet dabei direkt zwischen dem Endkunden und dem Portalbetreiber Printer4you statt. Den Vertriebspartnern winkt dagegen eine Provision in Höhe von vier Prozent auf gelieferte Drucker sowie alle Verbrauchsmaterialien und Services über die gesamte Laufzeit der MPS-Verträge. Haben Fachhändler ihre Servicetechniker auf dem Portal registriert, können sie ebenfalls Serviceaufträge wahrnehmen und von ihnen profitieren. Wurden die MPS-Verträge über ihn initiiert und kann er entsprechende Autorisierungen seitens der Hersteller vorweisen, bekommt er die Service-Calls direkt vom Portal zugeordnet. »Mit diesem System können alle Händler MPS anbieten – wir brauchen noch mehr solche Lösungen, die skalieren, auch in anderen Bereichen«, gibt der Tech Data-Chef vor. »Als Distributor müssen wir immer mehr, immer komplexere Lösungen beherrschen, denn in zehn Jahren werden Zukunftsthemen wie IoT, Analytics oder Cloud den größten Teil unseres Geschäfts ausmachen«, ist Dressen überzeugt.