Innovationen

Die Elektrifizierung von allem

15. Dezember 2022, 14:00 Uhr | Autor: Davy Brown / Redaktion: Diana Künstler
Ingenieure arbeiten mit Hochdruck an der Vermarktung von elektrischen Alternativen zu den Fahrzeugen und Maschinen, die wir täglich benutzen.
© carloscastilla/123rf

Fossile Brennstoffe und der Verbrennungsmotor haben die Weltwirtschaft mehr als ein Jahrhundert lang angetrieben. Die Zukunft wird allerdings elektrifiziert sein. Die Welt hat sich ehrgeizige Ziele zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen gesetzt.

Der Artikel liefert unter anderem Antworten auf folgende Fragen:

  • Was ist die „Elektrifizierung von allem“?
  • Wie gestaltet sich Elektrifizierung in verschiedenen Bereichen wie Automobilbranche, Luftfahrt, Schienen- und Bahnverkehr und Industrie?
  • Was braucht es, um Innovationen zu entwickeln und zu fördern?

Die „Elektrifizierung von allem“ zeigt sich überall dort, wo Menschen oder Güter in Bewegung sind. Und während das grundlegende Konzept des Elektroantriebs in jeder Umgebung gilt, variieren spezifische technologische Fragen wie Batteriekapazität, Energieübertragung, Reichweite und Ladezeiten je nach Anwendung stark. Diese Herausforderungen gilt es in verschiedenen Branchen unterschiedlich zu lösen.

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Automobilindustrie

Mercedes-Benz eCitaro Elektro-Gelenkbus
Aktuell sind nach Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) im deutschen ÖPNV rund 1.200 Elektrobusse unterwegs (Stand: Mai 2022); weitere sind bestellt. Im Bild zu sehen ist ein Elektro-Bus der Marke „Mercedes Benz eCitaro“ am Odeonsplatz in München. Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) verfolgt das Ziel, den Busverkehr bis zum Jahr 2035 komplett elektrisch zu betreiben.
© Petra Sippel/MVG

Sichere und zuverlässige Nutzfahrzeuge: Die Elektrifizierung ist der größte technologische Wandel in der Automobilbranche seit der Kommerzialisierung des Verbrennungsmotors – und er vollzieht sich sehr schnell. Der Absatz von Elektroautos für den Personenverkehr hat sich 2021 verdoppelt, da die Ingenieure weiterhin Größe, Gewicht und Leistung optimieren, um die Reichweite von Elektroautos zu
erhöhen. Gleichzeitig verringern die Fortschritte im Bereich der Hochleistungsschnellladung und der Ausbau der Ladeinfrastruktur die Reichweitenangst der Autofahrer weiter.

Der nächste Schritt bei der Elektrifizierung des Transportwesens ist die Verbesserung der elektrischen Alternativen für schwere Nutzfahrzeuge wie Lastwagen und Busse. In diesem Bereich sind die technischen Herausforderungen größer. Eine höhere Batteriedichte für mehr Speicherkapazität und Leistung ist unerlässlich, um schwerere Lasten zu transportieren. Elektrobusse benötigen beispielsweise etwa die fünffache Batteriekapazität eines durchschnittlichen Personen-EVs (electric vehicle). Ein superschnelles Laden ist auch wichtig, um schnelle Umschlagzeiten zu ermöglichen. Diese werden benötigt, um die Planungen für Liefer- und Transportfahrzeuge einzuhalten. Die Übertragung von mehr Energie vom Ladekabel auf die Batterie und innerhalb des Fahrzeugs erzeugt allerdings eine größere Hitze. Dadurch hat der Aspekt der Sicherheit in Nutzfahrzeugen eine besondere Wichtigkeit.

Luftfahrt

Joby Aviation Aircraft
eVTOL sind elektrisch angetriebene Fluggeräte, die senkrecht starten und landen können. Das Akronym steht für electric Vertical Take-Off and Landing Aircraft. Entstanden ist diese Technologie durch Fortschritte beim Elektroantrieb und den wachsenden Bedarf an neuen Fahrzeugen für die urbane Luftmobilität. Beispiele werden und wurden unter anderem von Unternehmen wie Boeing, Airbus sowie der NASA entwickelt. Hier im Bild zu sehen ein eVTOL des US-amerikanischen Unternehmens Joby Aviation, mit dem ein Lufttaxidienst betrieben werden soll.
© Joby Aviation

Das Zeitalter der urbanen Luftmobilität wird eingeläutet: Obwohl heute nur kleine, propellergetriebene Elektroflugzeuge verfügbar sind, hat die Luftfahrtbranche seit Jahren wichtige Schritte in Richtung Elektroflug unternommen. In der ersten Phase der Elektrifizierung von Flugzeugen wurden hydraulische und mechanische
Systeme wie Flugsteuerung und Bremsen ersetzt, um Gewicht einzusparen und die Effizienz zu erhöhen. Jetzt testen die Hersteller Elektromotoren für das Rollen zu und von den Gates. Hybride Antriebssysteme, die die Treibstofftriebwerke für den Start und den Steigflug nutzen, aber für den Reiseflug auf effiziente Elektromotoren umschalten, werden ebenfalls getestet.

Ein vollständig elektrifizierter Antrieb ermöglicht elektrisch betriebene Senkrechtstarter und -landeflugzeuge (eVTOL). Es handelt sich um eine völlig neue Klasse von Kurzstreckenflugzeugen, die sich gut für Lufttaxidienste, automatisierte Frachtlieferungen und sogar persönliche Luftfahrzeuge eignen. Paris plant, eVTOL-Flugzeuge für den Transport zwischen den Austragungsorten der Olympischen Sommerspiele 2024 einzusetzen. Wahrscheinlich wird dieses Vorgehen ein öffentlichkeitswirksames Schaufenster für diese Technologie sein.

Das bedeutet, dass die Optimierung von Gewicht und Leistung auf dem eVTOL-Markt noch wichtiger ist, da die Betreiber die Flugzeit maximieren wollen. Zu dieser komplexen Gleichung kommt noch hinzu, dass eVTOL-Antriebsstränge vollständig redundant sein müssen: Eine leere Batterie mag in einem Auto eine Unannehmlichkeit sein – in einem Flugzeug ist sie ein großes Sicherheitsrisiko. Aus diesem Grund ist die Entwicklung kleinerer, leichterer und zuverlässigerer Komponenten essenziell, um das Gewicht der Flugzeuge zu reduzieren und die Effizienz zu steigern, ohne dabei auf Redundanz zu verzichten. Im Vergleich zu Autos werden eVTOLs auch ein höheres Maß an Autonomie aufweisen und eine Reihe von Sensoren benötigen, die riesige Datenmengen generieren, um Flugzeuge sicher über die Städte zu leiten.

Schienen- und Bahnverkehr

Verbesserung der Aerodynamik und Austausch der Dieselinfrastruktur: Anders als Autos sind Personenzüge seit mehr als einem Jahrhundert elektrifiziert. Doch selbst Länder mit etablierten elektrischen Schienennetzen streben nach Verbesserungen bei Geschwindigkeit und Effizienz, um moderne Hochgeschwindigkeitszüge zuermöglichen. Die nächste Generation von flachen elektrischen Anschlusssystemen auf den Zugdächern verbessert die Größe, das Gewicht und das aerodynamische Profil der Züge, erhöht die Effizienz und schafft mehr nutzbaren Raum in den Waggons. Die aufkommende Technologie der batteriebetriebenen Tender ist für die Ausweitung des elektrischen Schienennetzes in Ländern, die noch mit einer älteren Diesel-Infrastruktur arbeiten, am vielversprechendsten.

Industriefahrzeuge

Autonomous Mobile Robots
Automatische Lagersysteme und Mobile Robots gewinnen in der Logistik zunehmend an Bedeutung. Im Bild zu sehen ist der Autonomous Mobile Robot (AMR) „Arculee“ von Jungheinrich. Mit der Erweiterung seines Sortiments im Bereich Fahrerlose Transportsysteme (FTS) kann der Hersteller ein noch größeres Lösungsspektrum abdecken, das nun von Niederhub- oder Hochhubaufgaben, VNA Storage, Boden-zu-Boden-Transporten, Lastenziehen, Underload-Transporten bis hin zu Robotik-zu-Ware reicht.
© Jungheinrich

Ein Ökosystem für elektrische Gabelstapler und FTS: Ein eher bodenständiger Übergang findet in Fabriken und Lagern statt, in denen industrielle Nutzer von traditionellen gasbetriebenen manuellen Fahrzeugen wie Gabelstaplern auf neue Geräte wie fahrerlose Transportsysteme (FTS) umsteigen. Obwohl kleinere Batterien die Anforderungen an Leistung und Reichweite dieser Fahrzeuge problemlos erfüllen können, besteht die größte Herausforderung darin, die Betriebszeit der Fahrzeuge aufrechtzuerhalten. Gabelstapler und FTS müssen fast ununterbrochen arbeiten, um den heutigen Anforderungen in der Produktion und im Versand gerecht zu werden. Es ist daher keine praktikable Option, sie für längere Zeit an feste Ladestationen anzuschließen. Stattdessen erfordert die Elektrifizierung der Fertigungsindustrie eine neue, verteilte Infrastruktur, die ein schnelles Aufladen ermöglicht, zum Beispiel überfahrbare Ladeanschlüsse, die strategisch auf dem Betriebsgelände verteilt sind.

Das Talent entwickeln, um die Welt neu zu gestalten

Unabhängig von Branche oder Endprodukt ist es wichtig, die richtigen Talente zu finden, um Innovationen zu entwickeln, welche die Elektrifizierung von allem ermöglichen. Zusätzlich zu den traditionellen elektrischen, elektronischen und mechanischen Fähigkeiten müssen die Ingenieure in der Lage sein, Hochspannungssysteme zu entwerfen, die auch bei hohen Temperaturen zuverlässig arbeiten können. Designer in allen Bereichen werden sich zunehmend auf Größe, Gewicht und Leistungsvariablen konzentrieren, die früher hauptsächlich auf die Luft- und Raumfahrt beschränkt waren. Da Hersteller immer mehr Intelligenz und Automatisierung in fast jedes Produkt einbauen, werden Softwarekenntnisse weiterhin von hoher Bedeutung sein.

Diese neuen Möglichkeiten sind der Grund, warum es für Unternehmen so wichtig ist, über engagierte Mitarbeiter und starke Weiterbildungsprogramme zu verfügen, um in Sachen Technologie und Kundenorientierung auf dem neuesten Stand zu bleiben. Gemeinsam entwickeln sich Innovationen, die für die Verwirklichung einer vollständig elektrischen Zukunft erforderlich sind.

Davy Brown, Vice President und Chief Technology Officer für die Unternehmenssparte Industrial Solutions von TE Connectivity


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