Wie schätzen Sie den Digitalisierungsgrad Ihrer Branche ein?
Lang: Da kommt es sicher auf den Bereich an. In der Industrie sind die Digitalisierung und Automatisierung bereits auf einem hohen Grad fortgeschritten. Für den Vertrieb geht es nicht nur um schlanke CRM Tools und einen integrierten Sales Funnel, sondern auch um Segmentierung in der Kundenansprache. Das ist ohne digitale Unterstützung nicht mehr möglich. In der Dentalbranche steht man eher am Beginn der Digitalisierung. Da gibt es unglaublich viel Potential für die Anwender:innen und dadurch auch für die Patient:innen. Die Zeiten, wo es rein um die Geschwindigkeit bei der Umdrehung ging, sind vorbei. Es werden vermehrt nachhaltige Lösungen für den jeweiligen Bedarf der Ärzt:innen nachgefragt.
Schneider: Generell sehe ich Nachholbedarf in unserer Branche. Sicherlich gibt es hier Mitbewerber, die einen guten Reifegrad im Rahmen der Digitalisierung erreicht haben. Das findet vor allem dort statt, wo es darum geht, bestehende Prozesse und Services zu digitalisieren. Häufig kommen hier Themen wie „Erhöhung der Dunkelverarbeitung“ oder „KI im Bereich Fraud“ zur Sprache. Der Kundenbedarf geht allerdings in eine andere Richtung. Es wird erwartet, dass auch im Bereich Versichern und Finanzieren, durch Digitalisierung Innovation im Bereich der Produkte und Services stattfindet. Dies passiert aktuell aber leider eher selten. Und gerade in unserer Branche ist durch die große Produktspannbreite ein hohes Potenzial vorhanden. Allein in den Themen Smart Home, IoT, Data Analytics & Co. steckt das Potenzial, Versicherungsunternehmen vom reinen Risiko-Manager zum Fürsorger weiter zu entwickeln. Und genau hier sehen wir als Debeka eines der größten Potenziale für uns, da dies der Grundgedanke unserer Unternehmensphilosophie abbildet.
Hennigfeld: Die Luxusbranche zählt nicht unbedingt zu den Vorreitern in der Digitalisierung im Vergleich zu anderen Branchen. Das stationäre Einkaufserlebnis und die persönliche Beratung sind maßgebend. Darüber hinaus sind die Produkte sehr beratungsintensiv und begeistern Kunden*innen, wenn diese anprobiert und gefühlt werden können. Die Branche hat aber längst erkannt, dass die Digitalisierung Möglichkeiten bietet, um Kund*innen noch umfassender über Produkte informieren und mit neuen Services mehr Komfort bieten zu können. Hierzu zählt auch das Online-Shopping. Auch der pre-owned Markt mit Online-PurePlayern hat eine weitere Dynamik in der Branche erzeugt.
Stahlmecke: Pflügen, Aussaat, Ernte und Co. sind bereits viel digitaler als viele meinen. Zum Beispiel gibt es schon seit über 20 Jahren ein automatisches Spurhaltungssystem. AutoTrac ist der Einstieg in das Precision Farming. Ein weiteres Beispiel für vernetztes Arbeiten: Auf Mähdreschern gibt es jetzt die Möglichkeit mit einem „Ernte-Labor“ die Inhaltsstoffe per Nahinfrarotsensor von z.B. Weizen schon bei der Ernte zu erfassen, Unterschiede im Feld festzustellen und damit die nächste Aussaat zu optimieren. Heute erntet der Landwirt somit nicht nur Feldfrüchte, sondern auch Daten! Noch ein Beispiel ist unser autonomer Traktor, den wir dieses Jahr vorgestellt haben. Künftig werden Traktoren mittels KI und Stereo-Kameras per Fernsteuerung ackern und dabei weitere Anbaugeräte steuern. Aber es gibt auch Hürden: Anders als in der Automobilindustrie ist etwa die Elektrifizierung von Landmaschinen derzeit nur bedingt möglich. Batteriebetriebene Konzepte für mittlere und große Traktoren sind noch nicht realisierbar, die Leistungsdichte der Batterien ist noch zu gering. Als Brückentechnologie, bis vollelektrische Landmaschinen auch in höheren Leistungsklassen verfügbar sein werden, setzt John Deere auf den Einsatz von Biokraftstoffen. Darunter reine Pflanzenöle, die zum Beispiel auf landwirtschaftlichen Betrieben als Kraftstoff für die Landwirtschaft produziert werden könnten. In den unteren Leistungsklassen treibt das Unternehmen die Elektrifizierung weiter voran. Bis 2026 wird John Deere in jeder Produktfamilie von Rasen- und Grundstückspflegegeräten und kompakten Nutzfahrzeugen eine elektrische Antriebsalternative auf den Markt bringen. So ist ein vollständig autonomer, batteriebetriebener Elektrotraktor in der Klasse unter 100 PS geplant.