Edge Computing erfordert zunächst einmal nur Rechenpower vor Ort. Diese könnte in Form einer Appliance oder gar als System on a Chip (SoC) gegeben sein. Oft genug aber reicht das nicht aus, dann sind Edge-Rechenzentren erforderlich. Der Begriff „Edge-Rechenzentren“ ist dabei im Prinzip ebenso vage wie einst der Begriff „Cloud“. Darunter fällt eine Fülle von RZ-Varianten und -Bauformen, vom „Micro-Datacenter“ (etwa einem staub- und erschütterungsresistent gekapselten Rack in der Fabrikhalle) über den Server-Raum eines Ladenlokals bis hin zum Rechenzentrum einer weit entfernten Konzernniederlassung, welches wiederum größer sein kann als das Haupt-RZ manch eines kleinen Mittelständlers.
Gemeinsam ist den Edge-Rechenzentren dabei lediglich zweierlei: erstens die Lokation, also die Positionierung in unmittelbarer Nähe zur (Sensor- etc.) Datenquelle, zweitens die Funktion als Bindeglied zwischen der Datenquelle und einem größeren Unternehmens-RZ und/oder einer Cloud-Umgebung für eine weitere Datenverarbeitung, die keine Echtzeitnähe erfordert (Datenaggregation, Trendanalyse, Archivierung etc.).
Alle anderen Aspekte von Edge-Rechenzentren sind hochgradig variabel. Dennoch unterscheidet sich das Edge-RZ in vielerlei Hinsicht vom klassischen Unternehmens-Datacenter. Dieses ist in aller Regel als Einrichtung für generische Rechenleistung konzipiert, wohingegen Edge-RZs oft auf einen ganz bestimmten Use Case ausgelegt sind (beispielsweise die lokale Erfassung und Auswertung von Bewegungsdaten im Rahmen eines Verkehrsleitsystems). Dem von langer Hand vorbereiteten Bau klassischer RZs steht beim Edge-RZ oft die Notwendigkeit gegenüber, die Rechenkapazitäten in bestehende Einrichtungen zu integrieren, etwa in die Funktürme von 5G-Mobilfunkbetreibern. Dies hat einen Umstand zur Folge, der Edge-Rechenzentren für die Betreiber schnell zur Herausforderung machen kann: Während das herkömmliche Unternehmens-RZ durch einen umfangreichen Katalog streng reglementierter und standardisierter Maßnahmen vor Stromausfall, Überhitzung, Naturgewalten etc. geschützt ist, muss man am Edge oft mit dem Umfeld arbeiten, das nun einmal gegeben ist. Zum Beispiel ist ein autonomes Fahrzeug letztlich ein kleines Rechenzentrum auf Rädern – bei einem schweren Unfall kann damit ein ganzes Edge-RZ ruckartig als Elektroschrott enden.