Digitale Arbeitsprozesse und eine hohe zeitliche und örtliche Flexibilität bilden die Grundlage des Modern Workplace. Dabei ist nicht nur die Brücke zwischen remote Arbeitenden und denen im Büro entscheidend, sondern auch eine zeitliche Schnittstelle zwischen einer weltweit verteilten Belegschaft.
Mitarbeitende sind mittlerweile nicht zwingend an einen physischen Arbeitsort gebunden. Theoretisch können sie auch in verschiedenen Ländern und sogar von verschiedenen Kontinenten aus ihrer Tätigkeit nachgehen. In manchen Unternehmen wird dies bereits zur gelebten Praxis. Denn nicht nur Arbeitnehmende wollen von dieser Flexibilität profitieren, sondern auch die Arbeitgeber. So bekommen Unternehmen Zugriff auf einen großen weltweit verfügbaren Talent-Pool, der sich eben nicht nur auf das Kandidaten-Angebot innerhalb der eigenen Landesgrenzen beschränkt. Auf diese Weise können HR-Verantwortliche plötzlich mit interessanten Arbeitnehmerprofilen in Kontakt treten, die hunderte, wenn nicht sogar tausende Kilometer weit entfernt sind und deren Ansprache vorher nicht sinnvoll gewesen wäre. In diesem Kontext kommt auch der Existenz verschiedener Zeitzonen künftig eine neue Bedeutung zu. Denn die flexible Wahl des Arbeitsplatzes ist nicht die einzige Fragestellung, über die sich Arbeitgeber Gedanken machen müssen. Ein ebenso wichtiges Element hybrider Arbeitsmodelle ist die Arbeitszeit an sich. Wichtig ist, dass alle Mitarbeitenden den Mehrwert ausgeprägter Flexibilität erfahren. Unabhängig davon, ob sie das Büro frequentieren oder auf einem anderen Kontinent leben und arbeiten.
Arbeit und Privates effizient und sinnvoll miteinander zu verbinden, war schon vor der Corona-Pandemie eine Herausforderung. Auch in Zeiten relativer Normalität gibt es vielerlei Gründe, wieso Menschen von zu Hause aus arbeiten müssen. Hinzu kommen zeitliche Friktionen, die entstehen, wenn sich die Belegschaft eines Unternehmens weltweit aufstellt. Solche zeitbezogenen Auswirkungen der Arbeit müssen bei der Konzeptionierung einer agilen Arbeitsumgebung erwogen werden. Es ist nicht ausreichend, diese Fragestellungen auf Unternehmensebene zu entscheiden. Solche Eingriffe müssen sich an den Bedürfnissen jedes einzelnen Teams orientieren. Es ist also möglich, dass eine zeitliche Überlappung von vier Stunden pro Tag bereits zielführend ist – selbstverständlich unter Einbeziehung globaler Zeitunterschiede. Innerhalb dieses Zeitkorridors müssen alle Teammitglieder füreinander verfügbar und ansprechbar sein. Die restlichen Stunden des Arbeits-tages können die Mitarbeitenden unabhängig voneinander planen. Optimal für den eigenen Arbeits- und Alltagsrhythmus.
Die vergangenen zwei Jahre haben gezeigt, dass viele Mitarbeitende sich auch in Zukunft hybrides Arbeiten wünschen. Zahlreiche Unternehmen wiederum versuchen dem nachzukommen, indem sie Planungen hybrider Arbeitsmodelle aufsetzen. Diese sollen auch auf lange Sicht funktionieren und tragfähig sein. Ein Denkfehler dabei ist oft anzunehmen, dass sie ihrer Belegschaft lediglich die Wahlfreiheit überlassen müssen, den Standort ihres Schreibtischs selbst auszusuchen. Es ist jedoch Fakt, dass hybride Arbeitsmodelle gleichbedeutend mit hybrid aufgestellten Teams sind. Damit gehen durchaus Mitarbeitende einher, die regelmäßig im Büro arbeiten möchten.
Die Gründe dafür sind vielfältig: Sie wünschen sich mehr Ruhe und Konzentration, manche möchten Arbeit und Privates wieder stärker trennen und wiederum andere vermissen vielleicht Routinen, an denen sie sich vor der Pandemie ausgerichtet haben. Hybride Teams mit Büro-Rückkehrern und Remote Workern erzeugen – unabhängig von potenziellen Arbeitszeitunterschieden – eine zusätzliche Herausforderung. So kann die Inklusion leiden und über kurz oder lang „Zweiklassenteams“ entstehen. Um dies zu verhindern, müssen Arbeitgeber dafür sorgen, dass alle Teammitglieder auf Augenhöhe agieren. Und das unabhängig davon, welchen Arbeitsort sie bevorzugen.
Es hat sich gezeigt, dass „Lift-and-Shift“-Ansätze nicht immer einfach umsetzbar sind. Viele Prozesse, die vorher im Rahmen der physischen Zusammenarbeit im Büro ausgezeichnet umsetzbar waren, erwiesen sich bei der virtuellen Arbeitsorganisation als problematisch. Auf der anderen Seite muss den Unternehmen klar sein, dass sich Best Practices aus dem Remote-Work-Umfeld eben auch nicht nahtlos in hybride Modelle integrieren lassen. So müssen beispielsweise Workflows, Besprechungen und individuelle Verantwortlichkeiten neu erdacht und definiert werden. Nur so können sie den Anforderungen des hybriden Arbeitens nachkommen. Die Aufrechterhaltung eines inklusiven Miteinanders muss dabei höchste Priorität genießen.
Ein Beispiel dafür ist die synchrone Meeting- und Kollaborationskultur. Bereits in der Zeit vor der Pandemie wurden Besprechungen abgehalten, bei denen sich sowohl Teilnehmer vor Ort im Büro befanden als auch andere remote zugeschaltet wurden. Meist ließ sich klar erkennen, dass Mitarbeitende vor Ort dominanter auftraten. Dies lag unter anderem daran, dass sie sich direkter austauschen konnten. Bei den zugeschalteten Mitarbeitenden ließ sich wiederum beobachten, dass sie durch die – nicht nur physische – Distanz eingeschüchtert wirkten. Zudem hatten sie oft Schwierigkeiten, ihren Beitrag zum Meeting zu leisten. Aufgrund der Pandemie waren die remote Teilnehmenden plötzlich in der Mehrzahl. Das Ergebnis: Meetings verliefen auf Augenhöhe. Bevor sich in den Unternehmen also wieder solche Prä-Pandemie-Konstellationen ergeben, sollten sie unter den neuen Gesichtspunkten aktiv gegensteuern. Ein erster sinnvoller Schritt ist weg von der synchronen und hin zur asynchronen Zusammenarbeit, denn sie schafft ein besseres Gleichgewicht. Auf diese Weise können zum Beispiel auch Ideen, Diskussionspunkte oder anstehende Entscheidungen mit den Kollegen zeitunabhängig ausgetauscht werden. So bekommt jeder die Gelegenheit, sich umfassend mit den jeweiligen Themen zu befassen, um sie durch eigene Denkansätze und Einschätzungen zu ergänzen oder zu optimieren. Das Ergebnis wiederum formiert dann die Basis für das eigentliche Meeting.
Statt dem gemeinsamen physischen Arbeitsplatz sollte vielmehr danach gefragt werden, wie Belegschaften im Modern Workplace zusammenarbeiten sollen. Die Digitalisierung schafft alle notwendigen technischen Optionen, um von überall aus zu arbeiten. Es wird Vermischungen zwischen Teammitgliedern geben, die vom Büro aus arbeiten wollen und solchen, die sich am anderen Ende der Welt befinden. Um beide Ansätze miteinander zu vereinen, ist zusätzlich zur Bereitstellung technischer Voraussetzungen auch eine gute Organisation sowie Empathie gefragt. Erfolgreiche Arbeitgeber sind empathisch, denn sie interessieren sich dafür, wie es ihren Mitarbeitenden geht und was diese sich in ihrem Arbeitsalltag wünschen.
Dominic Price, Work Futurist bei Atlassian