Breitbandausbau

Das Gespenst der Re-Monopolisierung

6. Mai 2016, 15:16 Uhr |
Oft prägt die Sorge um eine Re-Monopolisierung des deutschen Netzbetreiber-Marktes die Diskussion um den Breitband-Ausbau
© Fotolia / Myst

Die Grabenkämpfe um den Netzausbau halten an. Aktuell hat die Bundesnetzagentur die Vectoring-Pläne der Deutschen Telekom abgenickt – die alternativen Netzbetreiber laufen gegen diese Entscheidung Sturm . Eines tritt dabei in den Hintergrund: der zukunftssichere Netzausbau.

Die Bundesnetzagentur hat der EU-Kommission Anfang April einen neuen Entwurf zur Regulierung der „letzten Meile“ vorgelegt und sich mit diesem abermals für die Pläne der Deutschen Telekom ausgesprochen, in den Nahbereichen um die rund 7.900 Hauptverteiler in Deutschland VDSL2 Vectoring einzusetzen. „Wir kommen auch nach nochmaliger intensiver Analyse zu dem Schluss, dass ein Vectoring-Ausbau der Nahbereiche hilft, den Breitbandausbau zu fördern. Es werden weder der Wettbewerb außer Kraft gesetzt noch werden andere Technologien ausgebremst“, erklärt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, und erteilt damit allen Kritikern der Telekom-Pläne eine Absage. Und von diesen gibt es einige. Besonders die Konkurrenz des Bonner Netzbetreibers läuft gerade Sturm gegen die Ankündigung der Behörde und gegen Vectoring an sich. „Der von der Telekom beabsichtigte Ausbau basiert im Wesentlichen auf abgeschriebenen Kupferleitungen“, sagt Breko-Präsident Norbert Westfal. „Diese werden damit weitergenutzt, während der Ausbau mit zukunftssicheren und hochleis-tungsfähigen Glasfaseranschlüssen bis ins Gebäude oder direkt in die Wohnung völlig unberücksichtigt bleibt.“

Verhärtete Fronten


Fest steht, dass Glasfaser die zukunftssicherere Technologie ist. Während Vectoring Übertragungsraten von bis zu 100 MBit pro Sekunde im Idealfall ermöglicht, ist der Durchsatz mit Glasfaser heute schon höher und bietet Raum für einen weiteren Ausbau. Jedoch ist die Erschließung über Glasfaser bis zum Haus oder zur Wohnung (FTTB oder FTTH) deutlich teurer und langwieriger. Die Breitbandinitiative der Regierung, bis 2018 flächendeckend 50 MBit pro Sekunde zu ermöglichen, wäre damit kaum zu realisieren. Die Bundesnetzagentur hat sich letztlich zugunsten der schneller umsetzbaren Variante „Vectoring“ entschieden und damit selbst erhebliche Bedenken seitens des Kartellamtes übergangen. „Grundsätzlich gestattet die Bundesnetzagentur weiterhin nach fast 20 Jahren erfolgreichen Wettbewerbs erstmals einem Unternehmen den weitgehend monopolistischen Einsatz einer Technologie“, sagt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützer.


Letztlich darf bei aller Kritik seitens der Verbände nie in den Hintergrund rücken, dass es sich um Lobby-Arbeit mit eigenen Interessen – meist pro Glasfaser – handelt. Verhärtete Fronten sind die Folge. Viele der Einwände zeigen, dass es bei der Diskussion um Vectoring meist nicht darum geht, wie in Deutschland flächendeckend Breitband ermöglicht werden kann, sondern ob hierzulande eine Re-Monopolisierung des Netzbetreibermarktes ins Haus steht. Dieses Gespenst wurde seit der Deutschen Bundespost nie wirklich ausgetrieben und blockiert in seiner Omnipräsenz den tatsächlichen Netzausbau wohl mehr, als es die Entscheidung für eine der Technologien könnte. Dass jetzt zahlreiche Parteien angekündigt haben, über den Rechtsweg gegen Vectoring vorzugehen, sorgt für weiteren Zündstoff. Ein offener Austausch ohne verhärtete Fronten wäre wünschenswert, um das tatsächliche Ziel, nämlich Deutschland aus dem Breitband-Abseits zu holen, in den Vordergrund zu rücken. Denn laut einer Akamai-Studie liegt die Bundesrepublik mit 12,9 MBit pro Sekunde in Q4/2015 weit hinter Schweden oder Norwegen, die es auf knapp 20 MBit pro Sekunde bringen.

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