funkschau: Wo sehen Sie die größten Vorteile der Vernetzung?
Fink: Richtig eingesetzt bringt uns die Vernetzung von Geräten und Maschinen zusätzliche Zeit und Transparenz, ob nun in der Produktion nach den Leitmotiven von Industrie 4.0 oder rein privat. Unser Leben wird mit Hilfe von IoT-Lösungen zunehmend effizienter. Was wir mit der zusätz-
lichen Kapazität anfangen, muss jedes Unternehmen, muss jeder Mensch für sich entscheiden. Ebenso, wie wir mit der zusätzlichen Transparenz umgehen und sie womöglich auch schützen. Das Thema ist sicher nicht neu und hat uns schon bei der letzten industriellen Revolution beschäftigt. Eine sozioökonomische Betrachtung ist in jedem Fall gefragt.
funkschau: Vernetzung also nur dort, wo sie sinnvoll erscheint? Grenzen wir das Wachstum der Branche und unser gesamten Wirtschaft damit nicht automatisch ein?
Fink: Gerade mit Blick auf potenzielle Sicherheitslücken bei der Vernetzung ist eine differenzierte Betrachtungsweise gefragt. Keine Frage, die Digitale Transformation ist in vollem Gange und wird auch unsere Wirtschaft in Zukunft bestimmen. In einigen Branchen wir der Grad der Vernetzung dann sogar über die Wettbewerbsfähigkeit entscheiden. Allerdings wird es auch weiterhin Geschäftsmodelle geben, welche ohne zusätzliche Vernetzung auskommen. Für klassische Handwerksbetriebe ohne aufwendige Logistik oder Flottenmanagement sind heutige M2M-Lösungen beispielsweise nur wenig interessant.
funkschau: Fehlt es bei kleineren Unternehmen noch am Verständnis für die Begriffe M2M, IoT und Industrie 4.0?
Fink: Das würde ich nicht nur auf kleine Unternehmen begrenzen. Ein Beispiel: Auf der Industriemesse in Hannover war schwer ein Unternehmen auszumachen, welches ohne den Begriff Industrie 4.0 angetreten ist. Dabei reicht die Bandbreite der gezeigten Lösungen allerdings von klassischen Telemetrie-Anwendungen zur Prozessüberwachung bis hin zur vollständig autonomen Fertigungsstraße.
So gesehen ist der Begriff Industrie 4.0 zwar in aller Munde, von einem allgemeinen Verständnis sind wir aber noch weit entfernt. Ich sehe es als Aufgabe der M2M Alliance, mit konkreten Szenarien und
Lösungen aufzuwarten, um hier zu unterstützen und für alle Mitglieder mehr zu
erreichen.
funkschau: Was genau meinen Sie mit „mehr“?
Fink: Zum Beispiel die Politik zu besseren Rahmenbedingungen zu drängen. Man macht sich als Außenstehender keine Vorstellung davon, wie viele Politiker, Staatssekretäre und Beamte beim Thema Vernetzung mitsprechen. Vernetzung trifft heute alle Bereiche unseres Lebens, da kann ein Ministerium für Umwelt nicht in eine ganz andere Richtung schwimmen als das Ministerium für Wirtschaft.
funkschau: Heißt das, Sie wollen ein Ministerium für M2M, IoT und Industrie 4.0?
Fink: Jetzt bringen Sie mich auf Ideen. Aber wenn es weiter so schnell mit der Vernetzung voranschreitet wie bisher, dann ist es gar nicht mehr so abwegig eine zentrale Sammelstelle auf Landes- und Bundesebene zu etablieren.
funkschau: Und was wäre dann die zentrale Aufgabe solch einer übergeordneten Sammelstelle?
Fink: Mit der Vernetzung greifen wir tief in Privatsphäre und Datenschutz ein. Es muss gewährleistet werden, dass niemand ein Nachteil aus der Digitalen Transforma-tion von Wirtschaft und Gesellschaft davonträgt. Smart Meter sind dafür ein gutes Beispiel, stellen sie doch prinzipiell eine ökonomische und ökologische Bereicherung für unsere Gesellschaft dar. Durch
eine zweifelhafte Rechtsgrundlage und fehlende attraktive Tarife sind sie in Beliebtheit und Verbreitung jedoch stark begrenzt. Ähnliche Hürden werden wir beim Thema Autonomes Fahren nehmen müssen. Hier gibt es nun erste Ansätze für die Rechtsgrundlage.
funkschau: Politik und Gesellschaft scheinen sich immer erst zu bewegen, nachdem etwas Gravierendes passiert. Brauchen wir einen erneuten Einbruch der Wirtschaft, damit sich etwas tut?
Fink: Um Gottes Willen: nein. Die Vernetzung schreitet schnell voran, und es gibt keinen Grund für apokalyptische Fantasien, nur um den Prozess weiter zu beschleunigen. Wir sollten für eine ziel-gerichtete Ausweitung der Vernetzung vielmehr die bestehenden Lücken bei der Sicherheit und beim Verständnis für die neuen Technologien angehen.
Tillmann Braun ist freier Fachjournalist mit Sitz in Stuttgart