Wie Datenschutz und moderne Telefonie Hand in Hand gehen können, greift Thomas Ströbele, Geschäftsführer der yourIT und Berater für Datenschutz & IT-Sicherheit, in seinem funkschau-Gastkommentar auf.
Es gibt ein paar Dinge, die müssen erstens immer funktionieren und zweitens sind Änderungen hier schnell vielen Betriebsräten und Mitarbeitern suspekt. Dazu gehört die Telefonie. Wir hatten mit unserem Systemhaus Glück: Bereits bei der Gründung unseres IT-Systemhauses yourIT vor fast genau 17 Jahren hatten wir uns eine Unternehmenslösung ausgewählt, die Computer- und Telefon-Prozesse stark integrierte. Unsere Mitarbeiter sind es daher gewohnt, dass IT und TK zusammengehören und stehen weiteren Optimierungen eher offen gegenüber. Dies ist leider nicht in jedem Unternehmen so. Ich erinnere mich an einen Fall, zu dem ich als Datenschutz-Berater hinzugezogen wurde, eben weil das Unternehmen eine hypermoderne All-IP-/Voip-/UCC-Telefonanlage für viel Geld angeschafft und fertig eingerichtet, der Betriebsrat deren Nutzung aber bereits ein halbes Jahr erfolgreich blockiert hatte. Ein Albtraum, den Sie nicht erleben möchten. Daher hier ein paar Tipps zur Stressvermeidung.
Nachfragen erlaubt
Moderne Telefonanlagen werden heute beschrieben mit “All-IP”, “VoIP” und “Unified Communication and Collaboration (UCC)”. Wie so oft in der IT&TK-Welt sind da plötzlich neue Begriffe und Abkürzungen, die plötzlich jeder verwendet, die aber keiner so richtig versteht. Stand heute existiert in der deutschsprachigen Wikipedia noch nicht mal ein Artikel “Unified communication and collaboration”. Da darf man dann schon mal genauer nachfragen. Bei VoIP (= "Voice over IP") werden die Telefonsignale als Datensignal ("IP") auf den IT-Leitungen übertragen. Telefone werden also zu Mini-Computern mit Netzwerkanschluss. UCC bedeutet die integrierte Kommunikation und Zusammenarbeit. Dies bringt eine Vielzahl von Möglichkeiten mit sich, wie Kollegen und Geschäftspartnern in Kontakt treten können, sei es über E-Mail, Instant Messenger, Telefonkonferenzen, Videoanruf, etc. Auf den ersten Blick ergibt sich ein Strauß von Vorteilen für das Unternehmen.
Diese moderne Telefonie bietet aber eben auch die Möglichkeit, die Leistungen und das Verhalten der Mitarbeiter zu kontrollieren. Daher greift zum einen Paragraph 87 Absatz 1 Nr. 6 des Betriebsverfassungsgesetzes: “Der Betriebsrat hat […] in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.” Des Weiteren sollten die Risiken der neuen Technologien mittels einer Datenschutz-Folgenabschätzung eingeschätzt und passende technische und organisatorische Maßnahmen getroffen werden. Auf der “Blacklist” der Datenschutzkonferenz finden sich hierfür gleich mehrere Gründe. Außerdem sind die Verarbeitungstätigkeiten zu dokumentieren und ins Verzeichnis aufzunehmen.
Sind externe Dienstleister an der Verarbeitung beteiligt, kann ein Zugriff auf personenbezogene Daten in der Regel nicht ausgeschlossen werden. Daher sind entsprechende Auftragsverarbeitungs-Vereinbarungen abzuschließen. Verdeutlichen wir dies am UCC-Leistungsmerkmal Präsenz-Management: Wenn Mitarbeiter Telefonate im Team weiterleiten können, bevor das Gespräch angenommen wird, ist das in vielen Fällen ungemein hilfreich. Dazu liefert uns UCC die Information, ob er gerade gesprächsbereit ist. Prüft die Geschäftsleitung aber nachher anhand dieser Informationen, welche Mitarbeiter am seltensten präsent waren, befinden wir uns in der eher unerwünschten Leistungs- und Verhaltenskontrolle.
Proaktiv handeln
Warten Sie deshalb nicht darauf, bis der Betriebsrat oder, falls es diese Institution in Ihrem Unternehmen nicht gibt, Ihre Mitarbeiter selbst nach den datenschutzrechtlichen Herausforderungen einer UCC-Anlage suchen. Schalten Sie stattdessen frühzeitig Ihren Datenschutzbeauftragten ein. Versuchen Sie gemeinsam mit diesem die richtigen Maßnahmen, Regelungen und Vereinbarungen zu treffen. So fühlen sich alle Beteiligten ausreichend informiert und schenken der neuen Technik Vertrauen. Insbesondere ist ein Verzicht auf die Möglichkeit der Leistungs- und Verhaltenskontrolle hilfreich. Erfahrene Datenschutzbeauftragte bilden hier einen echten Mehrwert. Denn sie helfen Stress zu vermeiden bevor dieser überhaupt entstehen kann.