Mobilität wird in digitalen Zeiten großgeschrieben – beruflich wie privat. Auch ERP-Systeme gibt es als mobile Variante. Damit haben Anwender in den letzten Jahren mitunter eher ernüchternde Erfahrungen gemacht. Doch es tut sich was.
Mobiles Arbeiten – im Sinne des Arbeitens jenseits des Büros oder von unterwegs aus – ist in vielen Bereichen schon seit jeher gang und gäbe. Klassische Beispiele sind Vertriebs- oder Servicemitarbeiter, die Kunden vor Ort besuchen. Doch ein Zugriff auf das ERP-System von unterwegs aus – das war und ist in vielen Unternehmen noch Zukunftsmusik. Nachzulesen sind einige Takte dieser Zukunftsmusik in dem vom Digitalverband Bitkom im März 2017 veröffentlichten Positionspapier „ERP nach der digitalen Transformation“: Dort heißt es: „Die ERP-Systeme der Zukunft müssen vollständig mobil sein und Anwendern die Möglichkeit geben, jederzeit, überall und mit jedem beliebigen Gerät auf die Unternehmenssoftware zuzugreifen.“ Es stellt sich die Frage: Sind wir im Herbst 2019 bereits in dieser Zukunft angekommen? „In den vergangenen zweieinhalb Jahren gab es bei den mobilen ERP-Lösungen deutliche Fortschritte“, so Frank Termer, Bereichsleiter Software beim Bitkom. „Vom formulierten, sehr grundsätzlichen Ziel aus dem Jahr 2017 sind wir allerdings noch ein Stück weit entfernt.“
Berücksichtigt man jedoch den generellen Trend zur Nutzung und die Beliebtheit mobiler Geräte, kann man davon sprechen, dass beides dem ERP-Bereich Rückenwind gibt. Das mobile ERP profitiere davon, „dass wir in fast der gesamten Softwarebranche eine Entwicklung zur mobilen Nutzung sehen. Diese wird getrieben durch neue technische Möglichkeiten auf der Anbieterseite, etwa durch leistungsfähige Cloud-Dienste und schnelles Breitbandinternet, aber auch durch eine zunehmende Verbreitung immer leistungsfähigerer Smartphones auf der Nutzerseite“, so Termer.
Anbieter haben reagiert
Allerdings, das ist bekannt, sind Nutzer durch Funktionalitäten und Leistung ihrer privaten Smartphones verwöhnt – und erwarten zumindest Gleichwertiges an ihrem Arbeitsplatz. Doch was Bedienkomfort oder Schnelligkeit angeht, erlebt so mancher ein Negativerlebnis im beruflichen Umfeld. Erfahrungen dieser Art haben Anwender in der Vergangenheit oftmals auch mit mobilen ERP-Lösungen gemacht. Zudem hat die mobile Variante noch einen anderen Konkurrenten – das stationäre ERP: „Vorbehalte gab es in der Vergangenheit häufiger, weil Funktionsumfang oder Usability nicht dem entsprach, was man von den stationären Lösungen kannte“, erläutert Termer. Mittlerweile habe aber „eine deutliche Leistungssteigerung der Endgeräte wie Smartphones oder Tablets und höhere Geschwindigkeiten beim mobilen Breitbandinternet dazu beigetragen, dass mobiles ERP inzwischen weitgehend das bietet, was sich die Anwender wünschen“, so Termer. Anbieter hätten durch ihren Fokus auf die mobilen Lösungen und deren Weiterentwicklung inzwischen reagiert.
Auch Mark Muschelknautz, Chief Marketing Officer bei Abas Software, ist der Meinung, dass mobile ERP-Lösungen zumindest „theoretisch“ das bieten, was Anwender erwarten. Allerdings sei oftmals die Krux, dass „zahlreiche komplexe, teils alte Systeme miteinander verbunden werden müssen, um die gewünschten Ansichten oder Daten zu erhalten.“ Da könne es „in der Praxis noch knirschen“, so Muschelknautz. Die eigentliche Herausforderung sieht er ohnehin an anderer Stelle – und das seien in fast jedem Unternehmen „gepflegte Stammdaten. Wenn die aktuell sind, kann man fast alles erreichen.“
Einsatzmöglichkeiten für das mobile ERP gibt es genug; Zugriff auf aktuelle Daten direkt vor Ort und damit bessere Abläufe sind dabei ein Hauptargument für die mobile Variante. Solche Vorteile müssen gegeben sein, schließlich setzen Unternehmen „nicht dort mobile Lösungen ein, wo es möglich ist, sondern dort, wo sie ihnen konkrete Vorteile bringen“, berichtet Termer. „Unabdingbar ist heute mobiles ERP für die meisten Anwender sicherlich in den Bereichen Vertrieb, Lager, Service oder Produktion.“
Wie bei allen technischen Geräten und Systemen ist jedoch wichtig, dass die Mitarbeiter diese auch wirklich nutzen. „Berührungsängste gibt es natürlich“, gibt Muschelknautz zu bedenken. „Hier ist das Alter der Belegschaft, die Kultur im Unternehmen und oft die Aufgeschlossenheit eines Betriebsrats entscheidend. Nichtsdestotrotz bestellen inzwischen Kunden in fast jedem zweiten Projekt auch mobile Apps für bestimmte Gruppen im Unternehmen mit“, so Muschelknautz.
Unterstützt von dem bereits erwähnten Rückenwind dürfte der Weg in die Zukunft des mobilen ERP also geebnet zu sein. Die künftige ERP-Nutzung sieht Muschelknautz dabei „höchst heterogen und stärker von den individuellen Anforderungen des Users bestimmt“. Dafür gilt es Lösungen zu finden. Bei Abas gibt es beispielsweise „User-Interface-Technologien, mit denen sich Anwender ihre Dashboards oder Apps nach eigenen Anforderungen selbst gestalten können.“ So haben die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen keinen Ballast dabei, sondern nur die Funktionen, mit denen sie tatsächlich arbeiten müssen.