Auf dem Schreibtisch nichts weiter als der Monitor, ein Laptop, Tablet oder Smartphone – vielleicht noch etwas zu Trinken oder Essen. Papierberge, Ordner oder Post-its sind nirgends zu finden. Das ist die Vision des papierlosen Büros der Zukunft.
Bereits 1960 wurden erste Stimmen laut, die das damals utopische Bild eines Arbeitsplatzes mit weitestgehend computerisierten Abläufen zeichneten. Heute – rund sechzig Jahre später – müssen sich die Träumer der damaligen Zeit zweifellos eingestehen, die Vision ist immer noch nicht mehr als das. Dabei sind die technischen Voraussetzungen heute besser als je zu vor: Bezahlbare Hardware, ausgereifte Softwarelösungen und die wachsende Akzeptanz gegenüber der digitalen Welt legen ein solides Fundament für das papierlose Büro. Dazu kommen die offensichtlichen Vorteile, die eine Umstellung mit sich bringen würde: Zeitersparnis, Umweltschutz sowie Kosteneinsparungen und die Möglichkeit, auf die Unterlagen auch von unterwegs zuzugreifen.
Warum also herrscht vor allem im deutschen Mittelstand noch das analoge Büro vor? Es gibt schließlich Unternehmen, die zeigen, dass es auch ohne Papier geht. Der Software-Anbieter Decos zum Beispiel. Die Niederländer verzichten nicht nur am Arbeitsplatz auf Papier, selbst das Toilettenpapier ist der Umstellung zum Opfer gefallen und wurde durch Wasser ersetzt. Daneben Deutschland: Mit einem jährlichen Verbrauch von fast 250 Kilo pro Jahr und Kopf wird hierzulande genauso viel Papier genutzt wie auf den Kontinenten Afrika und Südamerika zusammen. Vor allem die Angst vor dem Verlust von Daten und die bürokratischen Hürden im Hinblick auf Datenschutz und -sicherheit stehen den Unternehmen, laut einer aktuellen Studie von TNS Emnid, im Weg. Diese Bereiche lassen sich jedoch mit einer gründlichen Vorbereitung – schließlich verlangt niemand die Umstellung von heute auf morgen – absichern. Aber der erste Schritt muss gemacht werden. Manchmal wirkt es, als sei „Das haben wir schon immer so gemacht“ die Legitimation dafür, Veränderung solange wie möglich aus dem Weg zu gehen. Dabei kann jeder einzelne bereits ohne großen Aufwand helfen, die Papiernutzung zu reduzieren: Als Hauptgründe für das Ausdrucken gaben die Befragten der Studie „zum Bearbeiten“ (61 Prozent), „zum Archivieren“ (52 Prozent), „zur internen (36 Prozent) und externen Weitergabe“ (16 Prozent) sowie „zum Lesen“ (30 Prozent) an. Ist es allerdings wirklich nötig, digitale Dateien auszudrucken, nur um sie zu lesen? Die Ausdrucke sind einige Minuten in Gebrauch und landen dann im Müll oder auf dem Papierstapel. Und wieso werden Dokumente für die unternehmensinterne Weitergabe so häufig ausgedruckt, während Kunden und Partner sich mit digitalen Dokumenten zufriedengeben? Aus Gewohnheit, wegen der haptischen Wahrnehmung oder der Möglichkeit, beim Vorbeibringen der Unterlagen ein kleines Gespräch mit den Kollegen zu führen – egal warum, hier ist ein Umdenken gefordert.
„Think before you print“ – der Slogan schmückt immer mehr Signaturen des Posteingangs und betrifft jeden – Mitarbeiter sowie die Führungsetage. Das bedeutet zwar, die Komfortzone verlassen zu müssen, aber wie viele Selbstversuche zeigten, ist ein papierloser Arbeitsplatz ein stressfreierer Arbeitsplatz. Das unnötige Suchen in Stapeln und Ordnern entfällt – man muss lediglich mit der Suchfunktion die digitalisierten Dokumente durchstöbern. Und auch das Chaos auf dem Schreibtisch gehört damit der Vergangenheit an. Die gewonnene Zeit kann dann beispielsweise in den Kaffee mit den Kollegen investiert werden. Und ganz soweit wie Decos muss man schließlich nicht gehen. Bestimmte Unterlagen wie die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss und Dokumente, deren Originale vorzeigbar sein müssen, werden auch in nächster Zukunft noch in Papierform archiviert. Aber vielleicht ist zumindest ein papierarmes Büro erstrebenswert.