Interview mit Gigaset

Vom Küchentisch zum Büro

29. September 2020, 8:00 Uhr |
© Gigaset

Die Corona-Pandemie beschleunigt aktuell die Entwicklung von Kommunikations- und Arbeitsprozessen. Davon ist Raphael Dörr von Gigaset überzeugt. Welche Auswirkungen dieser Push mit sich bringt und welche Rolle die Telefonie in diesen bewegten Zeiten spielt, führt er im Interview näher aus.

funkschau: Für viele Unternehmen ging die Corona-Pandemie mit einer raschen Verlegung aller notwenigen Kommunikations- und Arbeitsprozesse ins Homeoffice einher. Welche Vor- und auch Nachteile sehen Sie in dieser Entwicklung?

Raphael Dörr: Das Thema Homeoffice wird aus meiner Sicht aktuell noch relativ oberflächlich geführt. In Deutschland dominierte bis zur Corona-Pandemie eine vergleichsweise starke Office-Kultur, die abrupt zum Schutz der Mitarbeiter auf Homeoffice umgestellt werden musste. Entsprechend wurde mit dem Homeoffice in der aktuellen Diskussion vor allem Sicherheit assoziiert. Unter Umständen mögen gewisse Komfortfaktoren als Vorteil angesehen werden: Arbeitswege entfallen, Kosten reduzieren sich und man kann effizienter arbeiten, da sich bürobedingte Ablenkungen reduzieren. Auf der Negativseite mag eine heimliche Kostenverlagerung auf den Arbeitnehmer bemängelt werden, ebenso wie eine fehlende Ausstattung und Ausrüstung. Es ist eine Sache, einmal die Woche Homeoffice am Küchentisch zu machen, oder sich dort über Monate zu organisieren, weil in vielen urbanen Wohnverhältnissen keine dezidierten Arbeitsplätze, erst recht nicht für zwei Arbeitnehmer, vorgesehen sind.

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Raphael Dörr, Gigaset
Raphael Dörr, SVP Corporate Communications & Investor Relations bei Gigaset: “Die Unternehmenskultur ist der Schlüssel für Erfolg oder Misserfolg.”
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Und dennoch sind diese Vor- und Nachteile zu kurz gegriffen. Die Corona-Pandemie beschleunigt aus meiner Sicht Entwicklungen, die sich bis 2030 vollzogen hätten und holt diese nun gewaltsam und beschleunigt ins Jahr 2020. Die Vor- und Nachteile werden sich entsprechend bei ganz anderen Fragestellungen zeigen: Wie werden die Menschen mit der Vereinsamung umgehen, wenn der tägliche Austausch im Büro fehlt? Wie sorgt man dafür, im Unternehmen gesehen zu werden und wie behalten Führungskräfte ein subjektives Gefühl von Kontrolle? Wie sichern Unternehmen den Informationsfluss zu den Mitarbeitern und wie kann – in einem extremen Szenario – das Zuhause zum Office werden? Die Chancen stellen sich analog zu den Fragestellungen dar. Entsprechend werden nur Unternehmen erfolgreich durch die Krise gehen und die Zeit danach erfolgreich meistern können, die sich der Digitalisierung öffnen, in denen objektive Leistungsbeurteilungen und messbare Ergebnisse wichtiger als subjektive Beziehungen und Gefälligkeitsstrukturen sind und eine Führungskultur vorherrscht, in der Vertrauen und Wertschätzung fest verankert sind.

funkschau: Welche grundsätzlichen Aspekte gilt es nun auf Unternehmensseite zu beachten, damit vermeintlich im Homeoffice eingeführte Verbesserungen der Kommunikation auch über die Krisenzeit hinaus Bestand haben?

Dörr: Da gibt es eine ganze Reihe von Themen, die jetzt in den Fokus treten. Ich denke aber, dass die Unternehmenskultur der Schlüssel für Erfolg oder Misserfolg ist. Wenn eine Kultur offen für Veränderung ist und jede Veränderung proaktiv als Chance für das Unternehmen begreift, wird diese Kultur konsequenterweise ganz von allein Prozesse entwickeln, die agiles Arbeiten und entsprechende technologische Infrastrukturen zulassen.

Wird mobile Arbeit als potenzieller Kontrollverlust betrachtet oder sollten Führungskräfte Misstrauen gegenüber Mitarbeitern hegen, ob sie im Homeoffice gleich viel leisten wie im Büro, wäre ich in Sorge um das Unternehmen. Arbeit im modernen Kontext bedeutet doch viel mehr, dass sich motivierte und engagierte Menschen in einer Organisation zusammenschließen, um gemeinsam übergeordnete Ziele zu verfolgen und so dafür zu sorgen, dass das Unternehmen wächst und prosperiert und um darüber auch das eigene Vorankommen zu sichern.

Unterstellt man einen solchen Typus Mitarbeiter, kann man sich darauf verlassen, dass dieser – egal ob im Büro, im Homeoffice oder dank 5G unter freiem Himmel auf der Wiese – seine Leistung erbringen wird, weil er sich freiwillig und motiviert in und für das Unternehmen einbringt. Entsprechend könnten wichtige Investitionen der Zukunft sich dahingehend orientieren, die technologische Ausstattung für alle Mitarbeiter auf ein angemessenes Niveau zu bringen und stets up to date zu halten. Dazu zählen beispielsweise Notebook, Headset, Smartphone, Datenvolumen, Tischtelefon und eine schnelle Datenleitung zu Hause. Das alles kann Bestandteil der neuen Grundausstattung von Mitarbeitern werden. Ich denke sogar an Zuschüsse für kompakte Bürotische und ergonomische Stühle für das Homeoffice – wenn das seitens der Mitarbeiter möglich und gewünscht ist.


  1. Vom Küchentisch zum Büro
  2. Die Stimme als verbindendes Element

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