Großes Farbdisplay, viele physische Tasten, breiter Funktionsumfang – seine Tugenden teilt sich das Snom D865 mit anderen Top-IP-Telefonen. Doch das Ergonomie-Know-how des in Berlin ansässigen Anbieters zeigt sich im Detail.
Im Sortiment des auf IP-Telefone spezialisierten Anbieters Snom ist das D865 das aktuelle Top-Produkt. Das in Berlin ansässige Unternehmen ist seit 2016 Teil des chinesischen Konzerns VTech. Das zum UVP von 180 Euro angebotene D865 verfügt über ein hochauflösendes 5-Zoll-Farbdisplay (Diagonale 12,7 cm), das sich innerhalb eines Bereichs von 40 Grad stufenlos verstellen lässt. Daneben reihen sich zwei mal fünf Funktionstasten auf, die sich frei programmieren lassen und mit ihrer integrierten LED auch für Besetztlampenfelder, Leitungsbelegung und ähnliche Funktionen taugen. Am unteren Displayrand gibt es vier weitere Softkeys, deren aktuelle Belegung im Display darüber angezeigt wird. Weit vorne in puncto Ergonomie sind auch die großen, leicht nach ihnen gewölbten Zifferntasten sowie praxisgerechte physische Funktionstasten für alle wichtigen Bedienschritte.
Das Display ist allerdings kein Touchscreen, zur Navigation durch die Icon-basierte Bedienoberfläche dient eine ebenfalls haptisch überzeugende Fünf-Wege-Steuertaste. Der mitgelieferte Standfuß bringt das Gerät und seine Tasten dafür in eine bedienfreundlich angewinkelte Position.
Tabelle: Leistungsumfang und Bewertung Snom D865Clever gelöst ist auch die Inbetriebnahme des Telefons: Beim Booten wird eine Autoprovisionierung abgefragt, die sich im Cloud-Dienst „Snom SRAPS“ („Secure Redirection and Provisioning Service“) hinterlegen lässt. Führt die Cloud-Provisionierung nicht zum Ergebnis, zeigt das Display die IP-Adresse an, unter der sich im lokalen Netzwerk der sogenannte Phone Manager ansprechen lässt. Dahinter verbirgt sich eine webgestützte Oberfläche, in der sich die SIP-Konfiguration und alle anderen Einstellungen für das Telefon vornehmen lassen. Dieses Konzept überzeugt, denn im Webbrowser am PC lassen sich IP-Adressen, URLs, Benutzernamen und Passwörter sicherer und bequemer eingeben als direkt am Telefon. Mit dem bei Auslieferung unseres Testgeräts aufgespielten Firmwarestand gab es die kleine Hürde, dass man wissen musste, den von der Oberfläche erfragten Login für die Erstkonfiguration zunächst leer zu lassen. Nach einem Firmware-Update auf den zum Testzeitpunkt neuesten Stand 10.1.169.15 wurde dieser wichtige Hinweis auf der Login-Seite der Oberfläche durch eine Textmeldung angezeigt.
Bis zu zwölf SIP-Profile kann man im Telefon eintragen – in der Theorie lassen sich über Hörer, Headsets und die optionale DECT-Anbindung auch ebenso viele Gespräche gleichzeitig führen. Für die Bediensprache des Telefons stehen zehn Sprachen inklusive Deutsch zur Verfügung, für den webbasierten Phone Manager acht (auch hier inklusive Deutsch).
Die SIP-Anmeldung an einer Fritzbox gelang im Test auf Anhieb und ohne Rätsel. Im Umfeld größerer Unternehmen lässt sich das D865 an einer Vielzahl von PBX-Systemen betreiben – unter https://service.snom.com/display/wiki/PBX+Partner gibt der Hersteller eine umfangreiche Übersicht, welche Drittanbieterlösungen von welchem seiner Telefonmodelle unterstützt werden.
Diese Ausrichtung spiegelt sich auch im Funktions- und Bedienkonzept wider. So lassen sich mit dem D865 praktisch unbegrenzt große zentrale Telefonbücher nutzen, für den Zugriff setzt das Gerät auf das LDAP-Protokoll. Aber auch lokale Nummernverzeichnisse sind möglich, die sich über die Weboberfläche via CSV- oder XML-Import füllen lassen. Snom nennt für das lokale Telefonbuch ein Maximum von 10.000 Einträgen. Auch eine lokale und/oder zentrale Blacklist berücksichtigt das Telefon und weist Rufe von dort eingetragenen Nummern direkt ab, meldet sie nur stumm oder leitet sie direkt auf die Voicebox. Ein lokaler Anrufbeantworter ist nicht vorgesehen, hierfür setzt das Gerät auf die Zusammenarbeit mit der PBX.
Auf die zehn Funktionstasten links und rechts vom Display lassen sich Kurzwahlziele, aber auch viele Funktionen wie Leitungswahl, Zugriff auf Ruflisten und Ähnliches mehr legen. Über vier umschaltbare Bildschirmseiten stehen insgesamt vier Belegungsebenen zur Verfügung – allerdings dient ein Softkey zum Umschalten dazwischen, sodass pro Ebene noch neun frei verfügbare Tasten übrig bleiben. Optionale Wähltastenmodule bietet Snom für seine 8er-Geräteserie bislang nicht an.
Für eine Vielzahl von Komfortfunktionen wie Halten, Makeln, DND („Do not disturb“, also „Bitte nicht stören“), Rufumleitungen und mehr sind in der Konfiguration sogenannte Action-URLs vorgesehen – Adressaufrufe, die diese Funktionen in der PBX aktivieren beziehungsweise deaktivieren. Eine Vielzahl von Komfortfunktionen wie automatische Wahlwiederholung bei Besetzt, automatische Rufannahme, Anrufweiterschaltungen sowie eine lokale Vierer-Konferenz sind fest im Gerät eingebaut.
Im Alltag lassen sich die wichtigsten lokalen Funktionen über die Softkeys sowie eine Icon-Reihe im unteren Teil des Bildschirms aufrufen, durch die der Nutzer mit dem Steuerkreuz navigiert. Für Freisprechen, Halten, Stummschaltung, Headset, Wahlwiederholung, Rufweiterleitung sowie den schnellen Zugriff auf Telefonbuch und Voicemail gibt es zudem diskrete Tasten. Insgesamt geht die Bedienung damit flüssig, klar und komfortabel von der Hand.
Die unterstützte HD-Telefonie liefert sehr gute Klangqualität, die auch im Freisprechmodus direkt am Telefon überzeugt. Für Letzteres sorgen zwei Mikrofone und Vollduplex-Signalverarbeitung, das Gerät kommt mit allen relevanten Audio-Codecs klar. Neben seinen Bord-Möglichkeiten unterstützt das D865 eine Vielzahl von Anschlussoptionen für Headsets: Fest verkabelt über eine RJ9-4P4C-Buchse oder drahtlos per eingebautem Bluetooth 5.0. Über eine RJ12-6P6C-Buchse kann auch ein EHS-Adapter angebunden werden. Mit dem für rund 45 Euro optional angebotenen USB-Adapter A230 lässt sich darüber hinaus DECT nachrüsten. Passende Headsets und Konferenzerweiterungen gibt es sowohl im Snom-eigenen Sortiment als auch von Drittherstellern.
Wie bei IP-Tischtelefonen üblich, wird das Gerät über eine Gigabit-Ethernet-Buchse am lokalen Netzwerk angeschlossen, die Stromversorgung kann dabei über PoE erfolgen. Wird davon kein Gebrauch gemacht, bietet Snom für rund 15 Euro ein Steckernetzteil an, das allerdings nicht zum Lieferumfang des Telefons zählt. Ein integrierter Mini-Switch reicht die LAN-Anbindung an einen PC weiter. Auch WLAN-Verbindungen sind möglich, hierfür unterstützt das Telefon ab Werk Wi-Fi 5 (802.11ac) sogar in Dualband, also auf den beiden WLAN-Frequenzen 2,4 und 5 GHz. Für Signaladapter oder für Firmware-Updates von beziehungsweise zum Speichern von Protokollen auf einem USB-Stick stehen zudem zwei USB-2.0-Buchsen bereit.
Zu den weiteren praxisgerechten Details zählt, dass die Aufnahme für den Hörer mit einer antibakteriellen Beschichtung belegt ist. Als Gabelumschalter, also zur Auflegeerkennung, dient ein Magnetschalter, sodass hierfür keine verschleißempfindliche Mechanik zum Einsatz kommt. Insgesamt sieht man dem Telefon die langjährige Erfahrung seines Herstellers in einer Vielzahl von Aspekten an.
Testurteil: 91 Punkte (sehr gut)