Aufgrund rechtlicher Bedenken waren einige Errichter oder Betreiber bisher zurückhaltend, was die Fernüberwachung und -instandhaltung von Brandmeldeanlagen angeht. Der Grund: Es gab bislang keine einheitlichen Regeln oder Normen. Das hat sich mit der Dienstleistungsnorm DIN EN 50710 geändert.
connect professional: Was genau regelt die DIN EN 50710 konkret und welche Möglichkeiten ergeben sich damit nun für Akteure im Brandmeldeanlagen-Segment?
Daniel Kaumanns: Im Rahmen der Veröffentlichung der DIN EN 507101 sowie der TS 50136-102 wurden die für unsere Sicherheitsbranche relevanten Vorgaben erarbeitet, um Rechtssicherheit für Errichter und Betreiber von Fernzugangsinfrastrukturen zu schaffen. Bisher wurde nach bestem Wissen und Gewissen ein Zugang aus der Ferne ermöglicht. Mit der TS 50136-10 sind nun ganz klar die technischen Anforderungen beschrieben. Die DIN EN 50710 richtet sich an die organisatorischen Voraussetzungen eines Fernzugriffs. Das heißt konkret, dass diese Norm die Risikobeurteilung eines Fernzugriffs bezogen auf die standortspezifischen Schutzmaßnahmen sowie die festzulegenden Verantwortlichkeiten beschreibt.
connect professional: Für wen ist eine Brandmeldeanlage (BMA) überhaupt verpflichtend?
Kaumanns: Brandmeldeanlagen können verpflichtend sein, sobald von der Musterbauordnung abgewichen wird oder es sich um Sonderbauten wie beispielsweise Versammlungsstätten, Krankenhäuser, Schulen oder Hochhäuser handelt. Hierzu gibt es Musterverordnungen, in denen beschrieben wird, welche Anforderungen eingehalten werden müssen.
connect professional: Gibt es über die DIN EN 50710 hinaus weitere Treiber, die die Nachfrage nach Fernzugriffslösungen im Markt verstärken könnten? Falls ja, welche?
Kaumanns: Treiber Nummer 1 ganz klar der Fachkräftemangel. Wer zu wenige Mitarbeiter hat, um seine Aufträge zu bewältigen, muss die vorhandenen Mitarbeiter effizienter einsetzen und die Anfahrtszeiten oder mögliche Fehleinsätze reduzieren. Dies kann durch Vorabanalyse erfolgen. Wartungen können aus der Ferne vorbereitet werden, sodass der Mitarbeiter alle benötigten Ersatzteile bereits dabei hat. Bei Störungen gilt das gleiche – zudem können Störungen eventuell bereits aus der Ferne behoben werden.
connect professional: Was sollten Lösungen leisten, die sichere Remote-Verbindungen zu Brand-Alarmsystemen herstellen? Oder anders gefragt: Was gilt hinsichtlich des Fernzugriffs auf Brandmeldeanlagen (BMA) als Stand der Technik?
Kaumanns: Eine Fernzugriffslösung sollte den neuen normen EN50710 und TS50136-10 entsprechen und möglichst durch eine akkreditierte Stelle geprüft und zertifiziert sein. Entsprechend muss eine Multifaktor-Authentifikation von Benutzerzugängen vorhanden sein, die Infrastruktur muss gegen Cyberangriffe dem Stand der Technik entsprechend geschützt sein und alle Zugriffsversuche sowie autorisierte Zugriffe protokollieren.
connect professional: Was zeichnet speziell die Lösung von Ihnen, die „TAS Secure Platform“, auch mit Blick auf vergleichbare Wettbewerbslösungen aus?
Kaumanns: Die TAS Secure Platform ist die erste zertifizierte Remote-Access-Infrastruktur in Deutschland. Wir haben uns also frühzeitig vor Finalisierung und Veröffentlichung der Normen zur Aufgabe gemacht, den Sicherheitsstandard so hoch wie möglich anzusetzen. Zudem bieten wir in Verbindung mit unseren Übertragungseinrichtungen die Funktion des Sicherheitsrouters für jegliche sicherheitsrelevanten Gewerke im Objekt. Zielsetzung war es möglichst Schnittstellen offen für alle Anlagentypen eine herstellerübergreifende Fernzugriffslösung zu entwickeln. Dieser Ansatz ist bisher einzigartig in der Branche.
connect professional: Was gilt es generell bei der Einführung eines Remote Services für Alarmsysteme zu beachten? Was sind besonders aus Ihrem Erfahrungsschatz heraus hier die gängigen Dos and Don'ts?
Kaumanns: Wichtig ist grundlegend das Verständnis von Fernzugriffen. Fernzugriffe sollen die Techniker vor Ort unterstützen oder ihren Vororteinsatz vorbereiten, sodass eine höhere Gesamtqualität der Dienstleistungen Installation, Instandhaltung oder Betrieb erreicht wird. Der Gegenwert ist sowohl die Verringerung der Fahrtzeiten, weil möglicherweise Material fehlte aber auch die Betreuung von Kunden auch in Zeiten des Personalmangels – das heißt der Techniker kann den Kunden aus der Ferne unterstützen, sodass ein Vororteinsatz eventuell vermieden werden kann und keine Fahrtzeiten anfallen.
connect professional: Welche Bedeutung kommt der BMA grundsätzlich innerhalb eines umfassenden Gebäudesicherheitskonzepts zu?
Kaumanns: Ein Fernzugriff auf Einbruchmeldeanlagen oder die Gebäudetechnik, die für den Schutz von Sachwerten eingesetzt wird, ist anders zu bewerten als ein Fernzugriff auf eine Brandmelde- oder Löschanlage, bei der es um den Schutz von Menschenleben geht. Der Schutz sowie die Warnung hat höchste Priorität und muss immer gewährleistet sein. Aus diesem Grund muss gerade bei solchen Anlagen der Sicherheitsstandard auf ein sehr hohes Niveau gebracht werden. Cyberangriffe aufgrund unzureichend sicherer Fernzugriffsstrukturen auf eine Brandmeldeanlage eines Krankenhauses, die dann eventuell nicht mehr alarmieren und warnen kann, ist ein Worst-Case-Szenario. Aus diesem Grund gibt es für jede Anlagenart ergänzende Vorgaben und Maßnahmen, die bei einer Fernwartung eingehalten werden müssen. Bei Brandmeldeanlagen ist das beispielsweise eine Brandsicherheitswache bei Abschaltung von BMA-Komponenten.
1 https://www.vde-verlag.de/normen/0800777/din-en-50710-vde-0830-101-1-2022-05.html
2 https://www.vde-verlag.de/normen/0800816/din-clc-ts-50136-10-vde-v-0830-5-10-2023-05.html
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