Zur Think-Konferenz stellte IBM seine erweiterte Quantencomputing-Roadmap vor. Ziel ist die Entwicklung hochskalierender, praxisgerechter Quantencomputer. Zunächst geht es dabei um größere Qubit-Zahlen – bis zu Hunderttausende von Qubits sollen laut IBM in Zukunft möglich sein. Angesichts exponentiell wachsender Leistung von Quantencomputern entspräche dies bislang ungekannter Rechenpower.
Das Vorhaben, eine Ära des praktischen Quantencomputings einzuläuten, stützt sich laut IBM auf drei Säulen: robuste und skalierbare Quantenhardware, innovative Quantensoftware – der Konzern plant den Aufbau einer zunehmend intelligenten Software-Orchestrierungsschicht zur effizienten Verteilung von Arbeitslasten und zur Abstraktion von Infrastrukturproblemen – sowie ein breites globales Ökosystem. Bei Letzterem scheint wieder IBMs neues Lieblingsthema „Partnerschaften“ durch.
IBM hat seine Quanten-Roadmap ursprünglich 2020 vorgestellt und seither die gesetzten Ziele im Zeitplan erreicht. Dazu zählt der Eagle, ein 127-Qubit-Prozessor mit Quantenschaltkreisen, die sich auf einem klassischen Computer nicht zuverlässig simulieren lassen, und dessen Architektur den Grundstein für Prozessoren mit immer mehr Qubits legen soll. Zudem habe man die Simulation eines Moleküls mit der Qiskit Runtime im Vergleich zu einem früheren Experiment aus dem Jahr 2017 um das 120-fache beschleunigt. Noch dieses Jahr will IBM den 433-Qubit-Prozessor Osprey enthüllen. Bis 2025 sieht die Roadmap einen Ausbau auf über 4.000 Qubits vor.
Mainframe z16 mit KI-Beschleuniger
Den neuen Mainframe z16, den Krishna erwähnte, hatte der Konzern schon zwei Wochen vor der Think vorgestellt. Der Nachfolger des z15 von 2019 ist mit IBMs neuem Telum-Prozessor bestückt und verfügt laut Big Blue über einen integrierten On-Chip-KI-Beschleuniger für latenzoptimierte Inferenz. Damit könne er 300 Milliarden Inferenzanfragen pro Tag mit einer Latenz von nur einer Millisekunde verarbeiten. Dies soll die Analyse von Echtzeit-Transaktionen in großem Umfang ermöglichen, zum Beispiel um Betrugsversuche bei Kreditkartenzahlungen aufzudecken. Zudem habe man den z16 speziell zum Schutz vor künftigen Bedrohungen entwickelt, die auf das Knacken heutiger Verschlüsselungstechnik abzielen – Stichwort (auch hier) Quantencomputing: Der z16 sei dank gitterbasierter Kryptografie das branchenweit erste quantensichere System.
Der Cloud Modernization Stack des z-Systems bietet laut IBM Unterstützung für beliebte Open-Source-Projekte und soll Unternehmen damit helfen, ihre Digitale Transformation zu beschleunigen. Mit dem Cloud Modernization Center gebe es zudem eine Anlaufstelle, über die Tools, Schulungen und Ressourcen ebenso zugänglich seien wie Ökosystempartner und branchenspezifisches Fachwissen von IBM Consulting. Des Weiteren biete man für die z-Systeme nun ein Cloud-ähnliches Preismodell, sodass ein Anwenderunternehmen schnell auf Veränderungen dynamischer Workloads und neue Anforderungen reagieren könne.
Mainframes sind, wie IBM nicht müde wird zu betonen, bei zwei Dritteln der Fortune-100-Unternehmen im Einsatz, zudem bei 45 der 50 größten Banken, acht der zehn größten Versicherer, sieben der zehn größten Einzelhändler und acht der zehn größten TK-Konzerne.
Steigende Relevanz von Nachhaltigkeit
Zur Think-Konferenz stellt IBM des Weiteren eine neue Umfrage des hauseigenen Institute for Business Value (IBV) vor, laut der Nachhaltigkeit für Unternehmen immer wichtiger wird: Fast die Hälfte (48 Prozent) der befragten 3.000 CEOs aus 43 Regionen gaben an, eine Verbesserung der Nachhaltigkeitsstrategie zähle zu ihren Top-Prioritäten – das sind laut IBV-Angaben über ein Drittel mehr als im Vorjahr.
Der Hintergrund: Die internationale Führungsriege sieht sich zunehmendem Druck von Vorstands- und Investorenseite ausgesetzt. Fast alle (95 Prozent) der befragten CEOs berichteten, dass sie sich zumindest in der Pilotphase der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie befinden. Hingegen konnte nicht einmal ein Viertel (23 Prozent) von sich behaupten, die hauseigene Nachhaltigkeitsstrategie bereits im gesamten Unternehmen umgesetzt zu haben.
Gut die Hälfte (51 Prozent) nannten Nachhaltigkeit dann auch als eine ihrer größten Herausforderungen der nächsten zwei bis drei Jahre. 44 Prozent der Befragten erklärten, fehlende Erkenntnisse aus Daten erschwerten es ihnen, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. 60 Prozent nannten den unklaren Return on Investment von Nachhaltigkeitsmaßnahmen als Problem, 35 Prozent stehen vor technischen Hürden.
Es gibt also für IT-Ausrüster wie IBM und deren Partner noch einiges zu tun, um Nachhaltigkeitsziele in erreichbare Nähe zu rücken – zumal die allermeisten Chefs in unserem zunehmend überhitzten globalen Habitat wohl ohne Unterstützung durch Mainframes und zumindest bis auf Weiteres auch noch ohne Unterstützung durch Quantencomputer auskommen müssen.