Es ist noch nicht allzu lange her, dass Open-Source-Software belächelt und als minderwertige Hobby-und Nerd-Produkte angesehen wurde. Microsoft hat sie einst als »Krebs« bezeichnet und mit allen Mitteln bekämpft. Heutzutage haben viele Unternehmen eingesehen, dass viele Softwareprojekte ohne Open-Source-Komponenten deutlich kostspieliger wären und man das Rad nicht immer wieder neu erfinden muss. Bei Cloud-Lösungen ist der Quellcode der angebotenen Services allerdings meistens nicht verfügbar, sondern nur die entsprechenden APIs, also Programmierschnittstellen. Martin Rausche, Systems Engineering Manager bei VMware, meint dazu: »Open Source-Komponenten sind ein grundlegender Bestandteil für viele heute im Einsatz befindlichen Lösungen. Quellcode ist die Sprache der Entwickler, und Open-Source-Communities bieten die Möglichkeit zu einem offenen Dialog und zur Zusammenarbeit über alle Grenzen hinweg.« Für VMware sei die Zusammenarbeit mit der Open Source Community ein strategischer Fokus.
C4B-Manager Walkowiak geht tiefer ins Detail: »Open-Source-Software ist das Serum gegen Anbieter-Monopole. Aber wie in der Medizin gibt es auch hier Nebenwirkungen.« Der klare Gewinn sei: Open-Source-Software schafft Zugang zu Technologien, die für viele Hersteller sonst kaum finanzierbar wären. »Bestes Beispiel hierfür ist WebRTC, das hoch performante Übertragungstechniken bietet, ohne dass Lizenzgebühren oder immens teure Eigenentwicklungen anfallen.« Die breite Verfügbarkeit solcher Technologien ermögliche es, De-facto-Standards zu etablieren und dämme damit das Risiko von Monopolbildungen ein. Gerade am Beispiel von WebRTC zeige sich, dass auch vergleichsweise kleine Software-Hersteller dank Open Source konkurrenzfähige Produkte liefern können.
Doch nicht alles im Open-Source-Umfeld sei eitel Sonnenschein. Denn: Am Ende des Tages sei jeder Software-Hersteller nicht nur für die korrekte Funktion, sondern auch für die Sicherheit seiner Produkte verantwortlich. »Integriert ein Hersteller Open-Source-Komponenten in seine Produkte, dann muss er diese Verantwortung übernehmen, ohne dass er den vollständigen Aufbau der Software von Version zu Version kennt. Möglich wird dies nur, indem bei kritischen Komponenten ausreichende Tests gefahren werden und indem ein gewisses Vertrauensverhältnis zur Entwicklungs-Community gebildet wird.« Lemmens ergänzt dazu: »Die weltgrößten Unternehmen wie Automobilhersteller, Banken und Versicherungen setzen auf kommerzielle Versionen von Open-Source-Komponenten, weil sie zum einen Transparenz für die Technologie, mit der sie ihre Software und ihr Unternehmen betreiben, gewährleisten und zum anderen von den großen Communities profitieren können, die ständig daran arbeiten, neue und innovative Wege zu finden.«
»Vor vielen Jahren war Open-Source noch etwas Neues, das damals von einem konservativen Management oftmals sehr kritisch oder sogar als gefährlich angesehen wurde. Heute ist Open-Source etabliert und wird überall verwendet«, fasst Henrich zusammen.