Zweigleisig in die Cloud

Oracle am Wendepunkt

30. Oktober 2020, 8:29 Uhr | Martin Fryba

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

On-Premise-Wette

Oracle
Die Cloud-Rechenzentren der Generation 2 von Oracle seien die »sichersten der Welt«, behauptet der Hersteller
© Oracle

Selten indes absorbiert eine neue Technologie ganz die alte. Oracle und seine Partner sind denn auch fest davon überzeugt, dass ihre Zukunft in hybriden IT-Infrastrukturen liegt. Dort also, wo AWS und Google nur teilweise punkten können,  Oracle sich dagegen große Hoffnungen macht, als »360-Grad«-Lieferant für alle Bereitstellungsmodelle punkten zu können. Kunden spiegelten Oracle nämlich zurück, dass sie auch künftig Workloads in firmeneigenen Rechenzentren betreiben wollen. Sie halten an On-Premise-Infrastrukturen fest, wo es aus regulatorischen Gründen geboten ist oder sensibelste Daten zu schützen gilt. Was sie aber nicht missen wollen: den gleichen Komfort, die identische Flexibilität und ähnliche Pricing-Modelle wie sie das von Public Cloud-Anbietern kennen.

 

»Oracle Dedidated Region Cloud@Customer« soll das gewährleisten. Unter diesem sperrigen Markenname verbergen sich Oracles Public Cloud-Dienste einschließlich Autonomous Database und Oracles Cloud-Anwendungen, die Kunden in ihren eigenen Rechenzentren betreiben können.  Unsere Marktbegleiter können ihren Kunden keine vergleichbare dezidierte Cloud On-Premise anbieten«, jubelt Oracles VP und Cloud-Chef Clay Magouyrk, der 2014 von AWS zu Oracle wechselte. Dieser Schritt »stellt die Weichen für Public Cloud-Anbieter neu«, kommentiert IDC-Analyst Deepak Mohan.

Branchenkollege Jeff Davis von Deloitte Consulting sieht Oracle mit dieser Weiterentwicklung seiner Cloud-Strategie an einem entscheidenden Wendepunkt. Oracles Schlüssel zur Durchsetzung der technologischen Vorteile seiner Lösung liege »im florierenden Anwendergeschäft«. Er sieht die größten Vorteile in der Offenheit von OCI, der Leistungsfähigkeit vor allem bei großen Arbeitslasten sowie Kosteneinsparungen. Oracle könne Wettbewerber »um mehr als die Hälfte unterbieten«, sagt der IDC-Analyst. »Das wird wirklich ein interessantes Jahr werden für Oracle«.

 

Reicht das Potenzial an Kunden für Oracle, die auch in zehn oder mehr  Jahren auf hybrid Cloud und eigene Datacenter setzen wollen? Es ist eine Wette auf die Zukunft, gegen den Kapitalmarkt, der nur auf die aktuell rasanten Wachstumsraten reiner IaaS-Anbieter schielt und aberwitzig hohe Renditen mit schnellen Exits erzielen will.  Techkonzerne, die ihr technologisches Erbe nicht vernachlässigen wollen und gleichzeitig Cloud-Stacks aufbauen müssen, halten Investoren für risikobehaftet. »Entweder werden sie das Geschäft zum Laufen bringen oder sie werden in eine schwierige Lage kommen«, kommentiert Mohan Oracles Lage.

 

Neue Offenheit

Hier ist auch der Partnerkanal von Oracle gefordert. Partner müssen gegen den Nachteil bei ihren Kunden ankämpfen, dass Oracles Start in das IaaS-Geschäft vergleichsweise spät und mit der ersten Cloud-Generation auch sehr holprig begonnen hat. Das Reset hat Cloud-Chef Magoury eingeleitet, indem er viele ehemalige AWS-Kollegen zu Oracle geholt hat. Die 2019 geschlossene enge technologische Partnerschaft mit Microsoft, die Kunden  eine nahtlose Interoperabilität  zwischen OCI und Azure bieten soll, könnte sich als Vorteile gegen ein vergleichsweise geschlossenes System von AWS erweisen. Selbst Lösungen des einstigen Erzfeinds SAP können Kunden auf OCI laufen lassen. Immer mehr auch mittelständische Unternehmen profitieren von der technologischen Offenheit  und dem Trend, dass auch hoch performante Anwendungen wie HPC in die Cloud wandern, SaaS-fähig  und somit erschwinglich werden.

 

Cloud Computing demokratisiert die IT und lässt traditionelle Vorstellungen von Wettbewerb obsolet werden, den der um den America’s Cup segelnde Oracle-Gründer Larry Ellison mit viel Kampfrhetorik fleißig befeuert hat. Cloud Computing setzt eine neue Offenheit voraus, nicht nur technologisch, sondern auch im Vertrieb von Oracle und seinen Partnern. Um auf dem umkämpftesten Markt der Branche erfolgreich zu sein, müsse Oracle »die Herzen und Köpfe« gewinnen, sagt Jeff Davis von Deloitte. Bei Zoom ist das gelungen, bei TikTok in China dagegen werden sie kaum von einer Charmeoffensive sprechen.

Stefanie Kemp ist seit diesem Jahr neue Deudtschland-Chefin bei Oracle. Gegenüber ICT CHANNEL zog sie ein Fazit ihrer ersten 100-Tage.

 

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

  1. Oracle am Wendepunkt
  2. On-Premise-Wette

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG

Weitere Artikel zu Branchenlösungen

Weitere Artikel zu Bedrohungsabwehr

Weitere Artikel zu Enterprise-Lösungen

Matchmaker+