Kosten in der Cloud entstehen naturgemäß durch die Nutzung von Ressourcen, sei es nun in Form von Infrastrukturkomponenten oder anderen Services, die der Provider in der Cloud zur Verfügung stellt. Doch das sind nicht die einzigen Kosten auf der Cloud-Rechnung. Ein oft unterschätzter Aspekt sind die Traffic-Kosten, also Gebühren für die Übertragung von Daten in die Cloud und aus der Cloud heraus. Während für ersteres (man spricht hier von „Cloud Ingress”) in der Regel keine oder nur sehr geringe Gebühren anfallen, können die Kosten für „Cloud Engress”, also der Übermittlung von Daten aus der Cloud, schnell ansteigen. Dass diese Herausforderung nur zu real ist, zeigt die aktuelle Pandemie. Viele Unternehmen sahen sich gezwungen, Meetings, Präsentationen und Schulungen digital abzuhalten. Diese hat man oft aufgezeichnet und über die Cloud zur Verfügung gestellt. Neben der reinen Speicherung entstanden so nun jedes Mal Kosten, wenn die Belegschaft auf die Inhalte zugriff, da die Daten die Cloud verlassen haben. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich dieses Nutzungsverhalten nach dem Ende der Pandemie wieder zurückentwickelt. Unternehmen sollten sich daher gut überlegen, welche Daten sie wie lange online zum Abruf bereitstellen. Außerdem lohnt es sich, die Gebührenstruktur für Cloud Engress der einzelnen Anbieter zu prüfen, da sich diese mitunter drastisch unterscheiden. Ist die langfristige Bereitstellung unvermeidbar, kann es sinnvoll sein, für bestimmte Datenpakete auf spezialisierte Hosting-Anbieter auszuweichen.
Ein weiterer Hebel für die Optimierung der Cloud-Kosten liegt in der Qualität der bezogenen Cloud-Ressourcen und Services begründet. Diese sind in rechtlich verbindlichen Service Level Agreements (SLAs) verankert. Klassische Parameter sind hier etwa die Performance und Verfügbarkeit der Cloud selbst, aber auch Aspekte wie die Störungsbehebung, Wartungszeiten oder die Kompensation durch den Provider bei Mängelansprüchen. Je höher die Ansprüche der Kunden an den Cloud-Provider sind, desto mehr gilt es, für die Cloud-Dienste zu bezahlen. Um die Kosten der Cloud geschäftsverträglich zu halten, sollten sich Unternehmen daher zwei Fragen stellen, bevor sie einem Cloud-Provider die Treue schwören. Erstens sollte man je nach Preissensibilität evaluieren, inwiefern die SLAs verhandelbar sind. Das mag trivial klingen, aber lokale Anbieter lassen hier mit sich reden, während die US-Hyperscaler in der Regel nicht verhandelbare Standard-SLAs aufsetzen. Wer einzelne Aspekte in den SLAs bedarfsgerecht unterschiedlich hoch beziehungsweise niedriger ansetzen kann, sollte das in Betracht ziehen, um Kosten zu sparen. Die zweite Frage schließt daran unmittelbar an: Wie hoch muss ich meine Ansprüche ansetzen? Bestes Beispiel ist hier die Verfügbarkeit der Cloud. Ist eine Hochverfügbarkeit (99,999 Prozent) wirklich nötig, oder genügen 99,99 Prozent? Gerechnet auf ein Jahr spricht man hier von einer Ausfallzeit von etwa 50 Minuten (99,99 Prozent) gegenüber rund fünf Minuten (99,999 Prozent). Zumal es sich auch hier auszahlt, auszurechnen, was am Ende günstiger kommt. Ist es sinnvoll, ein System mit Hochverfügbarkeit oder vielleicht doch zwei redundante Systeme mit jeweils geringerer Verfügbarkeit einzusetzen?
Flexibilität und Wahlfreiheit führen zur Kosteneinsparung
Wie oben gezeigt, gibt es eine Vielzahl von Wegen, um den steigenden Cloud-Kosten zu begegnen. Die Nutzung von Multi Clouds ist auf dem Vormarsch. Wer nun denkt, dass mehr Clouds auch automatisch mehr Kosten bedeuten, der sollte genauer hinsehen. Jede Cloud bietet unterschiedliche Stärken und Kostenstrukturen. Eine intelligente Kombination von mehreren Clouds in einem Multi-Cloud-Setup kann dazu führen, dass sich sogar Kosten sparen lassen. Indem man sich eben nicht nur an einen Anbieter bindet, sondern Workloads bedarfsgerecht zwischen den einzelnen Clouds verschiebt, hebt man die jeweiligen Einzelpotentiale. Und wenn die Leistung bei Anbieter A nicht den Ansprüchen genügt, dann sollten es Unternehmen bei ihren Cloud-Anbietern ähnlich halten wie bei ihren Stromanbietern – und wechseln.
Dennoch ist es eine Herausforderung, bei unterschiedlichen Cloud-Modellen und Kostenstrukturen den Überblick zu behalten. Erfahrene externe Partner bringen hier Licht ins Dunkel und stehen Unternehmen bei der kontinuierlichen Kostenoptimierung zur Seite – sowohl durch die Architekturberatung als auch beim Vertrags-Management. Multi-Cloud-Service-Provider bieten hier nicht nur einen Multi-Cloud-Tarif an, um die Kostenstrukturen der Hyperscaler zu entwirren, sondern haben als Managed-Cloud-Service-Provider Einsicht in den täglichen Betrieb und können fundierte Empfehlungen aussprechen. Damit lassen sich die Treiber von Cloud-Kosten gemeinsam adressieren und auf ein gesundes Maß reduzieren.
Florian Weigmann ist Chief Product Officer bei Plusserver.