Trotz aller technischen Möglichkeiten stößt Digitalisierung immer wieder an Grenzen. Viele Gesundheitsorganisationen arbeiten noch mit isolierten IT-Systemen, die nicht miteinander kommunizieren (können). Schnittstellen fehlen, der Datenaustausch verläuft lückenhaft. In ländlichen Regionen kommen schlechte Netzabdeckung und begrenzte Bandbreite hinzu. Und nicht zuletzt fehlt vielerorts qualifiziertes IT-Personal, um neue Systeme einzuführen und zu betreuen.
Hinzu kommt die menschliche Komponente. Systeme müssen verstanden und angenommen werden. Nicht alle Mitarbeitenden fühlen sich im Umgang mit neuen Anwendungen sicher. Für eine erfolgreiche Einführung braucht es verständliche Lösungen, praxisnahe Schulungen und verlässliche Ansprechpartner. Digitale Werkzeuge entfalten ihren Nutzen nur dann, wenn sie sinnvoll in den Arbeitsalltag integriert sind und als echte Hilfe empfunden werden.
Werden Technik und Mensch erfolgreich zusammengebracht, zeigen sich rasch positive Effekte. Beschäftigte, die mit digitalen Assistenten arbeiten, berichten häufig von weniger Stress und höherer Zufriedenheit. Aspekte, die sich auch auf die Mitarbeiterbindung positiv auswirken können.
Wenn KI-Systeme Entscheidungen vorbereiten oder Prozesse steuern, müssen ihre Abläufe plausibel sein. Wenn Algorithmen über die Dringlichkeit einer Überweisung mitentscheiden oder bei der Zuteilung von Ressourcen unterstützen, braucht es nachvollziehbare Kriterien. Transparenz ist daher keine technische Zusatzfunktion, sondern Grundvoraussetzung für Vertrauen und Akzeptanz.
Fehlt diese Nachvollziehbarkeit, drohen Fehlentscheidungen, die weder intern noch extern erklärbar sind. Beispiele sind eine falsch priorisierte Einweisung oder eine automatisierte Ablehnung, die menschlich nicht nachvollziehbar ist. Gerade im Gesundheitswesen, wo Vertrauen essenziell ist, kann Intransparenz den Einsatz innovativer Systeme massiv behindern.
Der Anspruch an erklärbare Künstliche Intelligenz wächst ebenso wie die regulatorischen Anforderungen. Gleichzeitig steigen die Erwartungen der Öffentlichkeit an Fairness, Verantwortung und ethische Standards. Digitale Technologien müssen so gestaltet sein, dass ihre Entscheidungen nachvollziehbar bleiben – sowohl für technische Fachkräfte als auch für medizinisches Personal.
Die digitale Transformation des Gesundheitswesens beginnt nicht mit Technik, sondern mit einem besseren Verständnis der eigenen Abläufe. Erst dadurch wird sichtbar, wo Zeit verloren geht, welche Alternativen es gibt und wo neue Spielräume für kluge Entscheidungen entstehen. Nur so kann Automatisierung wirklich entlasten und Ordnung schaffen.
Erste Einrichtungen zeigen bereits, wie das gelingen kann: beispielsweise durch die schrittweise Einführung modularer, auf konkrete Abläufe zugeschnittener Anwendungen. Statt einer Komplettumstellung steht der gezielte Einstieg im Vordergrund, etwa durch automatisierte Dokumentenerfassung oder eine digital unterstützte Aufnahme. Entscheidend ist, die Mitarbeitenden mitzunehmen und technische Prozesse kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Mit digitalen Zwillingen, intelligenter Prozesssteuerung und nutzerfreundlichen Systemen kann das Gesundheitswesen dem steigenden Druck gezielt entgegentreten. Die nötigen Werkzeuge stehen bereit. Jetzt ist der Moment, sie einzusetzen – für höhere Effizienz, mehr Verlässlichkeit und eine Versorgung, die den Menschen wieder in den Mittelpunkt rückt.
Slavena Hristova ist Director of Product Marketing bei Abbyy.