Nach 272 Tagen hat die EU-Kommission eine weitreichende Fusion am deutschen Telekommunikationsmarkt erlaubt und damit Vodafone erheblich gestärkt. Die Übernahme des Kölner Kabelnetzbetreibers Unitymedia werde unter Auflagen genehmigt, teilte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager mit.
Die Bedingungen sollten sicherstellen, dass Kunden keine Nachteile entstünden und sie weiterhin von fairen Preisen, hochwertigen Dienstleistungen und innovativen Produkten profitieren könnten, sagte Vestager. Die Fusion gefährde den Wettbewerb nicht.
In der Branche gibt es dennoch Unruhe. Vodafone verfügt damit künftig über ein bundesweites Kabelnetz. Vorher waren diesbezüglich die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg weiße Flecken für den Konzern – dort war Unitymedia als Kabelnetzbetreiber tätig. In diesen weißen Flecken musste Vodafone auf die Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom setzen und Miete für Telefonleitungen zahlen, um Kunden trotz der Nichtpräsenz Internet-Zugang (DSL/VDSL) zu ermöglichen – pro Jahr überwies Vodafone eine halbe Milliarde Euro an den Bonner Rivalen. Unitymedia ist zwar nur ein regionaler Anbieter, in seinen Marktgebieten aber stark. Die Zentrale ist in Köln, mit 2.500 Mitarbeitern kam die Firma 2018 auf 2,5 Milliarden Euro Umsatz. Den Brüsseler Auflagen zufolge muss Vodafone künftig seinen Konkurrenten Telefónica auf das Kabelnetz lassen, um den Wettbewerb zu sichern. Zudem dürften die Gebühren für frei empfangbare Fernsehsender, die ihr Programm über Vodafones Kabelnetz übertragen und Einspeiseentgelte zahlen, nicht erhöht werden.
Vodafone macht mit der Übernahme einen großen Satz nach vorne: Die Zahl der Fernsehkunden schnellt nach Angaben des Unternehmens von 7,7 auf 14 Millionen in die Höhe, die Zahl der Internetkunden klettert von 6,5 auf 10 Millionen. Viele Kunden nutzen den Kabelanschluss sowohl zum Fernsehen als auch fürs Internet.
“Wir machen Gigabit massentauglich”
Vor etwa zwei Jahrzehnten hatte die Deutsche Telekom ihr TV-Kabelnetz auf Druck der EU-Kommission abgegeben und sie an mehrere regionale Anbieter veräußert. Damals war noch nicht absehbar, wie wichtig die Fernsehkabel für den Internet-Zugang werden würden. Der Deutschen Telekom blieb danach das Telefonkabel-Netz, über das sie bis heute Internetverbindungen verkauft. Der Nachteil daran: Im Vergleich zum Kabel-Internet sind die VDSL-Verbindungen der Telekom langsamer – sie schaffen es auf maximal 0,25 Gigabit pro Sekunde im Download, während Vodafone es mit seinen dickeren Fernsehkabeln auf ein Tempo von bis zu 1 Gigabit schafft. Bis Ende 2022 sollen es 25 Millionen Haushalte sein, die versorgbar wären mit Gigabit-Speed. Auf diese umfassenden Investitionen verwies Vodafone-Deutschlandchef Hannes Ametsreiter am Donnerstag: “Wir machen Gigabit massentauglich”, sagte er. “Damit machen wir Gigabit bezahlbar. Das ist nicht nur gut für Verbraucher, Wirtschaft und Wettbewerb. Mit der Übernahme schaffen wir für Deutschland einen noch nie dagewesenen Infrastruktur-Schub.”