Von der internationalen Organisation ITU-T, die auch viele der verwendeten Modemverfahren standardisiert hat, gibt es zusätzlich neue Standards speziell für Modemverbindungen über das Internet. Dabei werden zwei verschiedene Methoden betrachtet, die zueinander komplementär aber nicht miteinander kompatibel sind. Beide sollen hier kurz vorgestellt und deren praktische Anwendung erläutert werden:
Modemsignal über die Telefonverbindung, Voice-Band Data-over-IP = V.152
Die oben bereits betrachtete Methode, dass über eine Telefonverbindung ein Modemsignal übertragen wird, heißt sinngemäß „Sprachband-Daten über IP“ (engl.: Voice-Band-Data-over-IP, VBDoIP). Diese Methode wird in der ITU-T Empfehlung V.152 behandelt und gilt auch für die Modemverfahren von Gruppe 3 Fax. In der V.152 sind nach der ausführlichen Einleitung dann im sechsten Abschnitt folgende grundsätzliche Anforderungen kurz formuliert: “Im Modus für Voice-Band-Data müssen V.152-konforme Implementierungen vorliegen:
Direkt danach gibt es noch weiter Hinweise, dass eine Vorwärts-Fehlerkorrektur (FEC , engl.: Forward Error Correction) verwendet werden kann, wenn dies beide Seiten implementiert und die Verwendung abgesprochen haben, was jedoch kaum der Fall sein sollte. Andernfalls sollte zur Überbrückung von Paketverlusten möglichst ein passendes PLC verwendet werden. Doch weitere Angaben, was ein passendes PLC sein kann, fehlen.
Diese vier Anforderungen hören sich eigentlich recht einfach an. Die letzten beiden Anforderungen betreffen zusätzliche Funktionen der Siggnalwandler, für die sich eine Abschaltung leicht implementieren lassen sollte. Die erste ist fast schon trivial, denn PCM gemäß G.711 ist Standard und wird ausschließlich bei Verbindungen mit dem ISDN verwendet. Dochgerade in der zweiten Anforderung steckt erheblich mehr drin, denn eine konstante Ende-zu-Ende-Signalverzögerung kann nur mit einem statischen Jitter-Puffer und Synchronisierung der Signalwandler-Schritttakte erreicht werden.
Damit stellt die V.152-Methode, die für eine Modemübertragung über Intenet-Telefonverbindungen möglichst angewendet werden sollte, doch ziemlich strenge Anforderungen an die Implementierung der Signalwandler. Doch es gibt dazu leider keine Konformitätsprüfung oder Zertifizierung und oft gibt es auch kaum Angaben der Gerätehersteller darüber, sodass der Nutzer ungeeignete Implementierungen häufig nicht erkennen kann. Dann ist noch äußerst wichtig, dass ein Gerät erkennt, wann es den VBD-Modus verwenden muss, was auch in der Signalisierung von der Gegenstelle enthalten sein kann. Dabei ist es aber auch schon vorgekommen, dass nach der Signalisierung des VBD-Modus an eine Gegenstelle mit ungeeigneter Implementierung deren Verhalten dann unbrauchbar für die Übertragung des Modemsignals wurde. Deshalb wird empfohlen, wenn ein Signalwandler im übertragenen Signal technische Töne erkennt, dies nicht an die Gegenstelle zu signalisieren, sondern nur autonom in den VBD-Modus zu gehen. Die Signalwandler in den Netzknoten und die Netzübergänge zum ISDN arbeiten darum nach diesem Prinzip.
Modemdaten im IP-Paket, Modem–over-IP = V.150 / Fax–over-IP = T.38
Bei dieser komplementären Methode wird in den Paketen nur noch der Dateninhalt des Modemsignals übertragen. Abhängig von der Struktur dieser Daten können dazu auch andere Transportprotokolle als für synchrone Daten wie PCM verwendet werden, die gegen die oben beschriebenen Störungen robuster sind. Dabei wird das Modemverfahren nur noch auf dem Anschluss des Modems, der meist ein analoger Port ist, verwendet. An diesem Port gibt es anstelle des PCM-Signalwandlers dann wieder ein Modem, welches die enthaltenen Daten demoduliert und nur diese in die Pakete zur Gegenstelle einfügt. An dieser Gegenstelle ist am Anschluss des dortigen Modems auch wieder ein Modem anstelle des Signalwandlers vorhanden, welches die Daten aus den Paketen wieder über das gleiche Modemverfahren sendet. Dieses Szenario ist in der ITU-T Empfehlung V.150.0 detailliert beschrieben. Die V.150.1 beschreibt, wie diese netzseitigen Modems funktionieren müssen, mit allen standardisierten Besonderheiten für alle von der ITU-T standardisierten Modems, welches recht umfangreich ist. Eine weitere, kurze Zusammenfassung ist darum hier nicht möglich. Auffällig ist dabei noch, dass es kaum Beschreibungen gibt, welche Transportprotokolle zu verwenden sind. Doch dies ist im Wesentlichen eher abhängig von der Struktur der übertragenen Daten, die zum Teil unabhängig vom Modemverfahren ist.
Die in der V.150 beschriebene Methode wird dort Modem-over-IP (MoIP) genannt, was eine irreführende Bezeichnung ist, da über IP kein Modemsignal mehr sondern nur noch die darin enthaltenen Daten übertragen werden. Dafür ist auch die passendere Bezeichnung „Modem-Relay“ gebräuchlich. Dieser internationale Standard gilt nicht für Gruppe 3 Fax, denn hier ist die Struktur der übertragenen Daten sehr gut bekannt und es werden auch nur wenige verschiedene Modemverfahren verwendet. Deshalb gibt es für Fax-over-IP (FoIP) einen eigenständigen Standard, beschrieben in der ITU-T Empfehlung T.38. Darin wird aber die Verwendung von verschiedenen Transportprotokollen ohne Festlegung einer Präferenz beschrieben, so dass es inkompatible Implementierungen geben kann. Doch in der Internet-Telefonie ist dafür nur UDP Transport Layer (UDPTL) verwendbar.
Vergleich der Methoden und Einschränkungen
Die V.150-Methode und T.38 FoIP können die Modemübertragung im Internet robuster gegen Störungen machen als mit V.152 VBDoIP. Doch diese Methoden haben auch erhebliche Einschränkungen, was die Verwendung betrifft. Voice-Band-Data kann in allen Verbindungsrelationen und mit allen Anschlussarten verwendet werden, so wie auch schon im ISDN und auch der Netzübergang dorthin funktioniert ohne Einschränkung. Darum ist für Gruppe 3 Fax weiterhin VBD bevorzugt zu nutzen, welches im Internet T.30 über VBDoIP ist, das weiterhin G.711 PCM verwendet.
Dagegen können die V.150-Methode und T.38 FoIP nur zwischen Breitband-Anschlüssen am Internet genutzt werden und dort gibt es auch noch weitere Einschränkungen. Der Anschluss des Modems am dortigen Router sollte für die Verwendung dieser Methoden immer entsprechend konfiguriert sein und nicht mehr für andere Zwecke verwendet werden, die dadurch sonst gestört werden könnten. Weil diese erforderliche Konfiguration bei analogen Ports an Netzknoten im Internet und auch bei den Netzübergängen zum ISDN aus logistischen Gründen nicht möglich ist, sind diese Methoden darüber generell nicht nutzbar. Dann gibt es bei Verbindungen über die Internet-Telefonie Beschränkungen bei den Transportprotokollen, welches neben RTP für Sprachverbindungen nur noch UDPTL für T.38 FoIP erlaubt. Für alle anderen, was meist TCP ist, kann die Internet-Telefonie zur Verbindungssteuerung nicht genutzt werden. Deshalb wird die V.150-Methode fast nur für den Ersatz von analogen Festverbindungen verwendet.