In deutschen Schulen hapert es an der technischen Ausstattung und digitale Medien werden kaum in den Unterricht eingebunden. Die hiesigen Schüler betrachten diesen Umstand laut einer aktuellen Bitkom-Studie als essenzielles Problem.
Die Liste der Defizite in deutschen Schulen ist lang: Lehrermangel, keine einheitlichen Standards zur Qualifizierung von Lehrpersonal, zu große Klassen, baufällige Schulgebäude, überfüllte Klassenräume, Unterrichtsausfall… Auch sind Deutschlands Schulen bisher noch nicht im digitalen 21. Jahrhundert angekommen. Dass Schüler unter all den Mängeln insbesondere den fehlenden Einsatz digitaler Medien im Unterricht kritisieren, zeigt nun eine Studie, die im Auftrag des Digitalverband Bitkom im Januar und Februar 2020 durchgeführt wurde. Insgesamt 503 Schüler von weiterführenden Schulen im Alter von 14 bis 19 Jahren wurden zu diesem Zweck befragt.
59 Prozent der Schüler sehen in puncto Defizite beim Einsatz digitaler Medien den dringlichsten Handlungsbedarf. 56 Prozent stören sich an der mangelhaften technischen Ausstattung. Mit den übrigen Problemen arrangieren sich Deutschlands Schüler offensichtlich besser: So betrachten 43 Prozent den schlechten Umgang untereinander als größten Störfaktor. 42 Prozent beschweren sich über den allgemeinen Unterrichtsausfall und 38 Prozent machen die ausufernden Klassengrößen zu schaffen. Über veraltete Lerninhalte beklagen sich lediglich drei von zehn Schülern (29 Prozent) und 22 Prozent beschweren sich über inkompetente Lehrkräfte. 18 Prozent betrachten marode Schulgebäude als wesentliches Problem.
Insbesondere an Hauptschulen lässt sich ein Mangel beim Einsatz digitaler Medien im Unterricht feststellen. Er betrifft 69 Prozent der Hauptschüler. Bei Schülern an integrierten Gesamtschulen sieht es mit 62 Prozent nicht besser aus. An Gymnasien haben 57 Prozent der Schüler damit zu kämpfen. Die Realschüler schneiden mit 53 Prozent noch am »besten« ab. Ebenso brikär ist die Lage bei allen Schulformen in Sachen technische Ausstattung. »Diese Zahlen müssen uns wachrütteln – insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Schulen zur Eindämmung des Corona-Virus für mehrere Wochen geschlossen sind. Überall dort, wo digitale Medien noch nicht fester Bestandteil des Unterrichts sind, wird es nun besonders schwer sein, die Schüler erfolgreich durch die nächsten Wochen und Monate zu führen«, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. »Mithilfe digitaler Technologien kann es jedoch gelingen, den Schulbetrieb auch in einer Ausnahmesituation wie dieser aufrechtzuerhalten. Das machen uns andere europäische Länder gerade vor.«
Frankreich hat eine staatliche Webschule mit virtuellen Klassenzimmern ins Leben gerufen. Dänemark verpflichtet alle Kommunen, Fernunterricht anzubieten. Deutschland hinkt diesbezüglich hinterher und die Bundesländer ziehen nicht am selben Strang. Das Saarland hat zumindest Zugänge zu digitalen Unterrichtsplattformen in petto. »Der deutsche Bildungsföderalismus stellt speziell unter den jetzigen Umständen ein Hindernis in der flächendeckenden und unkomplizierten Bereitstellung digitaler Bildungsinhalte dar«, kritisiert Berg.
Um dem Übel entgegenzuwirken hat der Digitalverband Bitkom auf seiner Website eine Liste mit Anwendungen zusammengestellt, die Lehrer, Schüler und Eltern bei der Umsetzung von digitalem Heimunterricht unterstützen.