13. September 2017, 15:49 Uhr |
Autor: Axel Pomper
Sicher ist: ISDN ist ein Auslaufmodell. Gerade Unternehmen sind deshalb jetzt im Zugzwang – wer ein entsprechendes Migrationsprojekt zu spät beginnt, wird spätestens in den letzten Wochen des Jahres 2018 Probleme bekommen.
An All-IP führt kein Weg mehr vorbei, es handelt sich um ein zukunftssicheres Kommunikationsverfahren, das neben Telefonie und Internet auch weitere Dienste erlaubt.
Was All-IP bietet:
Höhere Datenübertragungsrate: Die Internetzugänge bei IP-basierten Anschlüssen sind leistungsfähiger, da vorher reservierte Frequenzbereiche zur Datenübertragung mit genutzt werden können.
Integration des Smartphones: Die IP-Technologie erlaubt auch den Einsatz eines Smartphones zu Festnetz-Konditionen, wenn es sich im Einzugsbereich des WLAN befindet. Unternehmen können Mobilgeräte darüber hinaus in Telefonanlagen integrieren, sodass mobile Mitarbeiter via Smartphone unter der Büronummer erreichbar sind.
Vereinfachte Abrechnung: Alle gebuchten Dienste werden über eine einzige Rechnung abgerechnet, unabhängig von der Anzahl der Rufnummern.
Höhere Sprachqualität: Die Telekom nutzt das Verfahren HD-Voice. Damit sollen die Stimmen natürlicher klingen.
Smart-Building-Kompatibilität: Der IP-Anschluss ist kompatibel zum Smart-Building- und -Home-System der Telekom. Damit können beispielsweise Heizung oder Beleuchtung per Tablet oder von unterwegs am Smartphone gesteuert werden.
Leichtere Verschlüsselung: Durch den Einsatz des Internetprotokolls sind verschlüsselte Telefonate deutlich einfacher möglich als mit der herkömmlichen Technik.
Steigende technische Komplexität
Der All-IP-Umstieg geht auch mit gewissen Nachteilen und Hürden einher: Durch den Einsatz des Internetprotokolls und die Abwicklung von Sprachtelefonaten und Faxverbindungen darüber steigt die technische Komplexität. Künftig werden sämtliche Kommunikationsverbindungen nicht mehr über einfache Punkt-zu-Punkt-Vermittlungsstellen abgewickelt, bei denen eine durchgängige Verbindung zwischen zwei Kommunikationspartnern aufgebaut wird. Stattdessen sind fortan auch Kommunikationsverbindungen, wie alle anderen Datenübertragungsarten im Internet, paketbasiert und werden mithilfe einer Infrastruktur aus Servern verarbeitet. Dies hat eine Reihe von Konsequenzen, vor allem für Unternehmen. Nicht jede vorhandene Kommunikationshardware oder Systemlösung kann dann noch an IP-basierten Anschlüssen betrieben werden:
Bestimmte Nicht-Telefonie-Geräte für das ISDN-Netz oder das herkömmliche Telefonnetz sind nicht in jedem Fall kompatibel mit All-IP. Sofern sie auf einen analogen Telefonanschluss oder ISDN-Verbindungen angewiesen sind, können sie nicht ohne weiteres an einem IP-basierten Anschluss betrieben werden. Es gilt zu prüfen, ob solche Anlagen durch Adapter oder Vorschaltsysteme weiter betrieben oder ersetzt werden müssen. Dies betrifft vor allem unterschiedliche Signalisierungs- und Überwachungsanlagen, die in verschiedenen Branchen eingesetzt werden. So gibt es eine Vielzahl an medizinischen Notrufsystemen, die auf das Festnetz oder ISDN angewiesen sind. Weiterhin sind Telefone in der Vergangenheit sehr häufig zur Alarmierung in Notfällen eingesetzt worden. Dies betrifft beispielsweise Notfalltelefone in Aufzügen, telefonbasierte Alarmanlagen, aber auch einfache analoge Türöffner, die mit einem Telefon verbunden sind. Die entsprechenden Spezialtelefone funktionieren unter normalen Umständen nicht an einem IP-Anschluss. Auch ältere Kassensysteme und EC-Karten-Terminals sind speziell für Modemverbindungen ausgelegt, sodass sie an einem IP-Anschluss nicht mehr funktionieren. Ähnliches gilt für Tankstellensysteme, bei denen die verschiedenen Tank- und Waschautomaten Ausfälle und Fehlfunktionen über ISDN-basierte Verbindungen melden können. Auch ältere elektronische Energiezähler mit Fernauslesung sind unter Umständen auf ISDN angewiesen. Ein Problembereich sind Monitoring- und Fernwartungssysteme in der Industrie, die auf ISDN aufsetzen. Diese Anlagen sind nur durch einen sehr hohen Investitionsaufwand durch modernere, IP-basierte (netzwerkfähige) Versionen zu ersetzen. Unternehmen, die solche Systeme einsetzen, sollten frühzeitig mit einem Lösungsanbieter Kontakt aufnehmen und prüfen, ob die Systeme an den IP-Anschluss angepasst werden können.
Ein weiterer Nachteil ist die Tatsache, dass bei Stromausfällen die Telefonverbindungen nicht mehr funktionieren, da das Netz keine eigene, vom herkömmlichen Stromnetz unabhängige Stromeinspeisung mehr hat. Abhilfe kann eine Unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) schaffen. Unternehmen sollten dabei die Notfallkommunikation genau überprüfen und neue, ausfallsichere Lösungen suchen. Auch Störungen der Internetverbindungen führen zum Ausfall der Telefonie. Diesbezüglich sollten Unternehmen möglichst frühzeitig Notfall-Strategien festlegen, um beispielsweise bei einem länger andauernden DSL-Ausfall die Telefonie auf Mobilgeräte umleiten zu können.
Da die Umstellung auf eine neue Technologie nicht immer reibungslos funktioniert, sind Probleme mit der Server-Infrastruktur im IP-Netz der Telekom möglich. In den letzten Monaten kam es hin und wieder zu Ausfällen bei IP-Anschlüssen.