Die Digitalisierung kann dabei drei Aspekte der Netzwerk-Architektur betreffen: Erstens kommen deutlich mehr Teilnehmer in das Netz, zweitens erhöht sich das Datenvolumen erheblich, und drittens werden sich neue Kommunikations-Beziehungen entwickeln, die immer weniger der heutigen, hierarchischen Konzeption entsprechen werden. In Studien werden für 2020 rund 15 Milliarden vernetzte Maschinen erwartet; das jährliche Datenvolumen wird auf 40 Exabytes geschätzt. Gleichwohl sind die Gesamtkosten der Vernetzung ein kritischer Faktor, den es im Blick zu behalten gilt.
Für eine Netzwerk-Referenzarchitektur können daraus drei Leitprinzipien formuliert werden: Segmentierung, zunehmende Aggregation, Defense-in-Depth. Segmentierung meint, dass nicht alle Kommunikations-Endknoten in einem flachen Netzwerk zusammengefasst werden dürfen. Stattdessen werden einzelne Kommunikationszellen gebildet, sodass je Segment deutlich weniger Teilnehmer zu verwalten sind. Weitere Segmente können bei Bedarf integriert werden. Durch die über vertikale Ebenen zunehmende Aggregation werden stufenweise zusätzliche Bandbreiten für höhere Performance als auch weitere Redundanzmechanismen für steigende Zuverlässigkeit des Gesamtnetzes hinzugefügt. Durch ein mehrstufige Defense-in-Depth-Konzept nach IEC 62443 wird schließlich sichergestellt, dass Angriffe zuverlässig abgewehrt und die Verfügbarkeit des Netzwerkes sichergestellt ist. Eine wichtige Alternative kann die Nutzung von öffentlichen Mobilfunk-Netzen darstellen, die Cloud- und IoT-Anbindungen ohne Verbindung zum Automatisierungsnetz realisieren, zum Beispiel wenn es um die Anbindung spezieller, zusätzlicher Sensorik oder die Warenerfassung per RFID beim Lieferanten oder Logistik-Partner geht.
Nutzung für neue Geschäftsstrategien
Wie kann eine solche Architektur für geschäftliche Strategien genutzt werden? Es können beispielsweise Made-to-Order-Geschäftsmodelle aufgesetzt und damit deutlich besser auf Wünsche von Kunden eingegangen werden. Die Verwendung von Fahrzeugen, Waren oder Behältsnisse können zudem genauer nachvollzogen werden, um einerseits beispielsweise die eigenen Services optimaler abzustimmen oder andererseits Bezahlmodelle zu etablieren, die unter anderem auch die Nutzungsdauer automatisch einbeziehen.
Durch die Verknüpfung neuer und bewährter Technologien und Architekturen lassen sich also strategische Wettbewerbsvorteile schöpfen. Der industriellen Kommunikation kommt eine Schlüsselrolle zu, weil sie die Infrastruktur für zahlreiche andere Innovationen darstellt. Dabei muss nicht unbedingt ein radikaler strategischer Kurswechsel stattfinden; vielmehr erlauben es viele Ideen, schrittweise Erfahrungen zu sammeln und die Akzeptanz im Markt zu testen.
Markus Weinländer ist Head of Product Management Simatic Communication Modules bei Siemens