Für Edge Computing gibt es zahllose Anwendungsfelder. Autonome Fahrzeuge sind ein erstklassiges Beispiel, da sie nur dann sicher und zuverlässig unterwegs sein können, wenn sie alle zum Fahren erforderlichen Datenmengen in Echtzeit analysieren – Arbeitslast und Backend-Verarbeitung also an den Ort des Geschehens rücken. Die entsprechende Rechenleistung kann entweder direkt im Auto stecken oder in Verbindung mit einem fahrzeugnahen Edge Gateway beispielsweise am Straßenrand erbracht werden. Nur so ist die für einen reibungslosen Verkehrsfluss notwendige Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation und die Vernetzung mit den Systemen intelligenter Städte möglich.
Ein anderer Bereich, der von Edge Computing profitiert, ist das Gesundheitswesen: Daten kommen von einer Vielzahl von Geräten, unter anderem in Arztpraxen, in Krankenhäusern und von den Patienten selbst. Nun muss nicht jede einzelne Herzfrequenz vom medizinischen Gerät eines Patienten gespeichert werden. Einige Daten sind jedoch so kritisch, dass die Notwendigkeit, sie zu analysieren und zu verstehen, nicht durch hohe Latenzzeiten oder eine unzuverlässige Netzwerkkonnektivität verzögert werden darf.
In der Fertigung wiederum hat sich die vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) auf breiter Ebene durchgesetzt. Unternehmen möchten so die Risiken eines Komplettausfalls kritischer Systemkomponenten, der im schlimmsten Fall Teile der Produktion für Stunden oder Tage lahmlegen und dadurch hohe Kosten verursacht würde, reduzieren. Aber auch die Qualitätskontrolle in Echtzeit direkt vor Ort, die Prozessautomation und eine sichtbare und steuerbare Lieferkette profitieren von den Vorteilen, die moderne Edge-Technologien heute bieten. Durch das Vordringen von 5G und den Aufbau erster Campusnetze steigt das Potenzial, indem beispielsweise Roboter autark auf dem Gelände agieren.
Neben all diesen Vorteilen gibt es beim Edge Computing natürlich auch Schattenseiten: Die zahlreichen IoT-Geräte am Netzwerkrand werden schnell zu einem Security-Risiko, denn in der Regel sind sie deutlich schlechter abgesichert als zentrale Systeme oder Cloud-Instanzen und bieten Hackern damit zahlreiche Einfallstore. Unternehmen müssen sich deshalb der potenziellen Gefahren durch IoT-Devices bewusst werden und diese entsprechend absichern. Das beinhaltet unter anderem die Verschlüsselung der Daten und abgestufte Zugangskontrollen für die einzelnen Geräte und Systeme.Was die Hardware an sich betrifft, bringt Edge Computing keine grundsätzlich neue Architektur hervor. Vielmehr werden unter dieser Bezeichnung kleine, multifunktionale Systeme in kompakten Gehäusen angeboten, die häufig für den Einsatz außerhalb klimatisierter Rechenzentren ausgelegt sind. Jedoch gilt: Je mehr IoT-Lösungen im Einsatz sind, desto größer wird auch das Volumen der Daten, die erfasst, verarbeitet und evaluiert werden müssen – am Netzwerkrand, aber auch On-Premises und in der Cloud. Das bedeutet für die Infrastruktur, dass sie den gestiegenen Anforderungen nicht nur aktuell, sondern auch in Zukunft gewachsen sein muss. Flexible und vor allem hochskalierbare Computing- und Storage-Lösungen bieten dafür eine leistungsstarke Grundlage, um mit Hilfe von Analytics-Software direkt am Data Entry Point zum Beispiel nur die wertvollen Informationen an komplexere Auswertungs-Algorithmen in der Cloud zu senden. Grundlegende Voraussetzung sind Streaming-Data-Plattformen, die durch die Erfassung, Speicherung und Auswertung von Datenströmen am Netzwerkrand eine leistungsstarke Echtzeitanalyse erst ermöglichen.
Ebenfalls hilfreich sind branchenspezifische Referenzarchitekturen für Edge-Lösungen, die gemeinsam mit Industriespezialisten entwickelt wurden. Mit Edge Computing werden Anwendungen möglich, die aufgrund ihres Datenaufkommens und ihre Ansprüche in puncto Latenzzeiten bei klassischen IT-Netzwerken an ihre Grenzen stoßen. Richtig genutzt, versetzt Edge Computing Unternehmen in die Lage, Ressourcen zu sparen, Abläufe zu automatisieren, Produkte und Services zu verbessern sowie völlig neue Geschäftsmodelle aufzubauen.