ICT CHANNEL: Haben sich die großen Anstrengungen der letzten zwei Jahre dennoch insgesamt gelohnt, etwa indem die bb-net und ihre Channel-Vertriebspartner neue Kundengruppen für gebrauchte Hardware gewinnen konnten?
Kuhn: Auf jeden Fall! Es war für uns in den letzten 12 Jahren ein stetiger Anstieg, ein kontinuierliches Wachstum. Die andere Seite zu kennen ist positiv für die Entwicklung des Unternehmens. Das schärft den Blick und lässt einen kreativ werden. Auch wenn wir aufgrund der verheerenden Folgen im Ganzen, gerne darauf verzichtet hätten. Auch das gesellschaftliche Verständnis von Konsum und der Umgang mit Ressourcen hat sich verändert. Permanenter Überfluss, zu jeder Zeit alles haben zu können und dabei die Umwelt außer Acht zu lassen, ein Zustand, den wir auf Dauer nicht beibehalten sollten. Für uns hieß das konkret die Kosten im Unternehmen zu optimieren, Prozesse nochmals deutlich zu verbessern, Abhängigkeiten von Absatzkanälen zu reduzieren, neue Absatzkanäle auf dem internationalen Parkett zu gewinnen und sich noch intensiver mit der zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens zu beschäftigen.
ICT CHANNEL: Was erwarten Sie sich für das neue Jahr? Wird sich der Investitionsstau etwas auflösen, befeuert durch zu erwartende Entwicklungen wie die anrollende Migrationswelle auf Windows 11? Mit welchen Angeboten kann die bb-net ihre Partner hier unterstützen?
Kuhn: Die Liefersituation ist heute eine andere als in den letzten beiden Jahren. Neue Ware ist verfügbar und stellt nun nicht mehr den Flaschenhals dar. Somit können zuvor aufgeschobene Investitionen umgesetzt werden, hier beobachten wir bereits seit der zweiten Hälfte des letzten Jahres einen enormen Anstieg. Dementsprechend viel Zulauf haben wir bei den gebrauchten Geräten. Wobei hier derzeit Windows 11 eine geringere Rolle spielt als angenommen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass ein neues Betriebssystem nicht für einen schlagartigen Austausch der Gerätschaften sorgt, wie es sich Microsoft wünschen würde. Hauptsächlich geht es erstmal um ohnehin anfallende, geplante Rollouts, die sich lediglich verzögert haben. Wir können hierbei klassisch die Rückführung der ausgedienten Hardware anbieten, darüber hinaus sind aber auch außerplanmäßige Rollbacks interessant aufgrund unserer hohen Restkaufwerte, die wir anbieten. Hier übernehmen wir den gesamten Prozess der Logistik, Datenlöschung und Rückführung für einen weiteren Lebenszyklus.
ICT CHANNEL: Gibt es auf der anderen Seite inzwischen eine befriedigende Lösung, um die Millionen nicht für Windows 11 geeigneten Rechner vor dem künstlich herbeigeführten Ende zu bewahren? Wäre zumindest der Einsatz als Thin Client ein denkbarer Ausweg im Sinne der Nachhaltigkeit?
Kuhn: Leider hat Microsoft noch keine Lösungen anzubieten. Es scheint auch nicht in deren Interesse, ältere gebrauchte Geräte mit einzubeziehen. Eine abgespeckte Version für den Schulsektor oder auch den privaten Gebrauch wäre hier wünschenswert. Leistungstechnisch ist es kein Problem, selbst auch 10 Jahre alten Geräten Windows 11 laufen zu lassen. Wenn man jedoch sieht, wie hartnäckig sich Windows 7 gehalten hat, ist davon auszugehen das uns auch Windows 10 noch etwas länger erhalten bleibt und Windows 11 nicht schlagartig überall Einzug hält.
Bei den Privatkunden ist das Feedback unserer Handelspartner, dass Windows 11 dort aktuell eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Dementsprechend fahren wir zweigleisig und installieren sowohl Windows 10 als auch Windows 11 bei kompatiblen Geräten, letzteres in deutlich geringeren Stückzahlen, weil hier noch verhältnismäßig wenig Gerät zurückgerollt werden. Dies sollte sich aber bis Ende des Jahres deutlich verändern.