Was also hilft? Zunächst einmal, so Katja Pischel, ist eine Entlassung nicht als persönliches Versagen zu sehen und sich auf Dinge zu fokussieren, die man selbst beeinflussen kann. „Ich darf doch mein Schicksal nicht von jemandem abhängig machen, der sich in einer Konzernzentrale ein Excel-Sheet angeschaut und Entscheidungen getroffen hat“. Zweifel an den eigenen Fähigkeiten, so naheliegend sie in den ersten emotionalen Reaktionen unmittelbar nach einer Kündigung sein mögen, sollte niemand haben. Man wurde doch eben wegen Kompetenzen und Fähigkeiten eingestellt und hat sie oft Jahre lang gezeigt. „Die Kontrolle zurückholen“, nennt Pischel diese Besinnung auf sich selbst. „Was kann ich? Was oder wer bin ich? Über solche Fragen sollte man losgelöst von der einer Firma nachdenken“.
Wenn Führungskräfte auf Tauchstation gehen
Gelingt das, kann man sich von vorgeschobenen Argumenten für die Kündigung distanzieren, sie nicht an sich ranlassen. Mit der Situation überforderte Führungskräfte führen ja gerne scheinbar objektive Gründe ins Feld, warum jemand entlassen wird. Die Performance habe nachgelassen, das Engagement fehle und vieles mehr, was halt so eingeworfen wird im Entlassungsgespräch, das ein Monolog ist, bei dem der Chef kräftig an den Haaren zieht und Rechtfertigungen fallen lässt. Aus Erfahrung weiß Katja Pischel zu berichten, dass viele Chefs abtauchen, sich hinter der Corporation verstecken, statt den Dialog zu suchen und Empathie gegenüber den Entlassenen zu zeigen. Dafür bräuchte es Empathie und Authentizität: ‚Mir fällt es sehr schwer dieses Gespräch mit dir zu führen‘, könnte ein Chef sagen und seine Wertschätzung für den Menschen ausdrücken, der in Excel als Kostenstelle geführt wird und daher abgebaut werden muss. Können Chefs in der Entlassungswelle über ihre Schatten springen? Als Führungskräfte mit Personalverantwortung in und an der Krise wachsen und gar als Vorbilder vorangehen? „Es wäre so wichtig für die, die bleiben“, gibt Katja Pischel zu bedenken und nennt es „die Sternstunde für Führungskräfte“.
Netzwerk IAMCP trägt
Vorgeschobene Ausreden im Review-Gespräch, die kennt Daniela Reher noch gut. Sie wurde Anfang 2021 von der Kündigung „kalt erwischt“. Von einer Corona-Infektion im November 2020 hatte sie sich nur langsam erholt. Im Homeoffice traf sie dann der Schock völlig unvorbereitet. Wie viele andere war sie zunächst „entsetzt, frustriert, traurig, verletzt“. Dass es sie einmal treffen würde, war vorhersehbar, wie für alle, die bei einem IT-Hersteller in der Champions League beschäftigt sind. Einen Plan B hatte sie dennoch nicht. Heute weiß sie, dass ihre Entlassung „nichts mit mir zu tun hatte. Es ist das System“. Ihr Netzwerk hat sie über die schwere Zeit getragen, der Ausstauch mit Mitgliedern im IAMCP, der ihren Blick für die Chancen geschärft hat, die es ja in der IT-Branche weiterhin gibt. Sie fand Zeit, in Ruhe nachzudenken, gesund zu werden. Dass man finanziell durchaus weich fallen kann, wenn man einen Konzern verlassen muss, daran denkt man im emotionalen Schock einer Kündigung zunächst einmal nicht. Es erleichtert aber die Zeit danach.
Es gibt auch ein Business-Leben danach
„Glaubt fest an den Netzwerkgedanken, denkt an die gelebten Chancen“, rät Gastgeberin Alexandra Hanke, IAMCP Board Mitglied und CRO Skaylink, die aus Ottawa den IAMCP-Talk zu Massenentlassungen in der IT moderierte. Sie kündigte Hilfe an: Der IAMCP als Anlaufstelle für den Erfahrungsaustausch, Mutmachen im offenen Dialog, und für IAMCP-Mitglieder wird es einen Bereich auf der deutschen Homepage geben, wo Partner ihre offenen Stellen bekannt geben können. Es herrscht bekanntlich Fachkräftemangel, und es gibt auch ein Business-Leben außerhalb der vermeintlichen Königsklasse, in der Tech-Riesen bisweilen mit harten Bandagen spielen. Bei deutschen oder Schweizer IT-Firmen wie Softwareentwickler Systrion aus Hamburg oder Aparavi, wo Ex-Microsoft-Manager Gregor Bieler die Fäden zieht. Noch während des Talks posteten die beiden Firmen Links zu ihren Karriere-Seiten in den Chat.
„Wer zu neuen Ufern will, muss alte verlassen“, postete Andreas Essing, Gründer von IF-Blueprint und komplettierte die Liste der Adhoc-Chancen für Geschasste oder jene, die noch auf der Payroll eines Konzerns stehen und jetzt wissen, dass ein Plan B immer eine gute Idee ist. Job-Security gäbe es im Konzern? Das gilt schon lange nicht mehr, eher noch ist Sicherheit bei Inhaber geführten IT-Häusern aus dem Mittelstand gegeben. Es gibt hierzulande rund 30.000 Microsoft-Partner und ein starkes Partnernetzwerk IAMCP – zusammen sind sie wesentlich größer als IT-Champions League-Player Microsoft.