Und dann sind da noch die Erwartungen der Bürger:innen. Unter den Befragten erwarten 70 Prozent, dass sie Angebote der Verwaltung im 21. Jahrhundert so bequem online nutzen können, wie sie es aus anderen Bereichen ihres Alltags gewohnt sind. Wer bei jedem einzelnen Antrag immer wieder aufs Neue seine Daten eingeben muss, den demotiviert das. Und wer davon ausgeht, dass man digital beantragte Leistungen dann doch offline zu Ende muss, der lässt es am Ende gleich ganz (siehe Grafik).
Diese Aspekte unterstreicht auch Sandy Jahn, Referentin Strategic Insights & Analytics bei der Initiative D21 auf Nachfrage von connect professional: „Aus Sicht der Studie sollte die Verwaltung auf bürger*innenorientiertes E-Government setzen: Zugang, die Beantragung und der Erhalt von Leistungen sollten möglichst einfach, schnell und medienbruchfrei funktionieren. “ Jahn weist darauf hin, dass laut Studie für 46 Prozent „der schnellere Erhalt von Leistungen im Vergleich zum analogen Verfahren der entscheidende Impuls für die Nutzung von E-Government“ sei. Auch die Personalisierung sei ein Anreiz, den digitalen Weg zu nutzen: „42 Prozent der Bürger*innen möchten, dass bereits eingegebene Daten für künftige Anträge verwendet werden, anstatt sie jedes Mal neu eingeben zu müssen. Dieses Bedürfnis unterstreicht die Dringlichkeit einer Registermodernisierung, durch die viele Angebote einfacher und durchgängig digital genutzt werden könnten“, so Jahn weiter.
Ein weiterer Aspekt, der digitale Vorhaben in Deutschland nicht unbedingt vereinfacht, ist der Föderalismus. So zeichnen sich in den 16 Bundesländern Deutschlands durchaus einige Unterschiede ab, die der eGovernment Monitor 2024 aufzeigt. Demnach haben Hamburg und Bayern mit 21 Prozent und 24 Prozent die geringste Nutzungslücke; Hamburg liegt zudem vorne bei der mobilen Nutzung (65 Prozent) und der Zufriedenheit (71 Prozent). Die größte digitale Nutzungslücke findet sich in Thüringen (40 Prozent), gefolgt von Schleswig-Holstein und Brandenburg (jeweils 38 Prozent). „Wir wissen, dass Flächenländer oft vor größeren Herausforderungen stehen als Stadtstaaten. Diese strukturellen Unterschiede beeinflussen natürlich die Nutzungsquote“, erläutert André Göbel die Ergebnisse, er ist Präsident der Koordinierungs- und Vernetzungsorganisation Föderale IT-Kooperation – kurz FITKO. Er gibt zu bedenken, dass es dem Prinzip gleichberechtigter Lebensbedingungen widerspreche, dass „der Wohnort die Verfügbarkeit digitaler Angebote bestimmt.“ Stattdessen müsse eine Harmonisierung das Ziel sein. „Hierbei spielt der IT-Planungsrat eine Schlüsselrolle, indem er einheitliche IT-Architekturen und -Standards verbindlich beschließt. Dies schafft die Grundlage dafür, dass sich öffentliche und private IT-Dienstleister unabhängig engagieren und lokale Vorschriften und Besonderheiten berücksichtigen können, um die regionale Akzeptanz digitaler Angebote zu erhöhen“, erläutert Göbel.
Die Nutzung variiert jedoch auch nach digitaler Verwaltungsleistung. 79 Prozent der Befragten machen ihre Einkommensteuerklärung bereits online. Ein anderes Bild ergibt sich bei der Beantragung des Führerscheins, der An-, Um- und Abmeldung von Kraftfahrzeugen oder der Wohnung – das erledigt laut Studienergebnissen nicht einmal jeder Zweite im Netz. Das An-, Um- oder Abmelden eines Kraftfahrzeugs bringt die zweitgrößte digitale Nutzungslücke mit sich (56 Prozent), größer ist diese nur noch beim Um- oder Anmelden eines Wohnsitzes (61 Prozent). Bei den Befragten gaben 19 Prozent an, dass sie davon ausgingen, dass solche KFZ-Angelegenheiten online nicht möglich seien; 18 Prozent hatten vergeblich nach einer Online-Möglichkeit gesucht. Dafür sieht es bei der Abbruchquote passabel aus: Nur 19 Prozent haben den Vorgang abgebrochen. Gründe waren, dass die Interseite abgestürzt sei oder zu lange geladen habe. Auch die Notwendigkeit, sich digital auszuweisen, war ein Abbruchgrund. Wer es jedoch geschafft hat, sein Fahrzeug online zu melden, der war damit sehr zufrieden (83 Prozent). Insbesondere der eingesparte zeitliche Aufwand wurde positiv bewertet.
Somit bleibt zu hoffen, dass das Sprichwort „Der Appetit kommt mit dem Essen“ auch auf die Online-Möglichkeiten in der Öffentlichen Verwaltung immer mehr zutrifft. Marc Reinhardt, Präsident Initiative D21, hat dabei für das Jahr 2025 noch einen Wunsch: „Ich wünsche mir eine Bundesregierung, die das Thema Digitalisierung strategisch und von ganz oben priorisiert und systematisch in allen politischen und gesellschaftlichen Handlungsfeldern mitdenkt und umsetzt. Letztendlich muss die Digitalisierung dazu führen, dass für die Bürger*innen spürbar ist, dass sich der Staat um ihre Bedürfnisse kümmert. Dies steigert am Ende auch das Vertrauen der Menschen in den Staat.“
Gerade ein stärkeres Vertrauen der Bürger:innen in den Staat wäre sicherlich etwas, was Deutschland insgesamt guttäte.