connect professional: Was war für Sie das überraschendste Ergebnis der Studie?
„Dass für 52 Prozent die Notwendigkeit, sich online ausweisen zu müssen, ein echtes Hindernis für die Nutzung von E-Government darstellt. Auch wenn der Anteil an Nutzer*innen in diesem Jahr (gemeint ist 2024, Anmerk. der Red.) einen deutlichen Sprung von 14 auf 22 Prozent gemacht hat, bleibt der Online-Ausweis noch weit hinter seinem Potenzial zurück, als sichere und einfache Identifikationsmöglichkeit eine zentrale Schlüsselfunktion für E-Government zu übernehmen. Trotz der Bedeutung des elektronischen Personalausweises als zentrale Infrastruktur für durchgängige digitale Verwaltungsleistungen ist die Online-Ausweisfunktion nur bei 39 Prozent der Ausweisinhaber*innen überhaupt einsatzbereit. Dabei gibt es die Online-Ausweisfunktion bereits seit 2010.“
connect professional: Worin sehen Sie die Hauptgründe für die schleppende Umsetzung digitaler Leistungen?
„Zum einen hat die schleppende Umsetzung in meinen Augen strukturelle Gründe: Deutschlands föderales System wurde in eine stark fragmentierte IT-Landschaft, in der Institutionen von Bund, Ländern und Kommunen selbst auf einer Ebene im Extremfall eigene Systeme und Prozesse verwenden, übersetzt. Das muss nicht zwingend so sein, ist aber möglich und wurde bisher so gelebt, war daher organisationskulturell angelegt. In der Folge sind die IT-Infrastrukturen oft inkompatibel und behindern eine nahtlose Vernetzung und Datenübertragung. Das ist mittlerweile als Problem anerkannt, in der Kultur hat sich also unter dem aktuellen Druck viel getan: Kommunen und Länder kooperieren zum Teil in gemeinsamen Dienstleistern und nutzen gemeinsame Lösungen, aus dem OZG-Prozess versucht man mehr wiederzuverwerten statt nur isoliert zu arbeiten. Aber insbesondere der juristische und finanzorganisatorische Rahmen erschwert solche Kooperationen (speziell, wenn der Bund mit Ländern arbeiten will) statt sie zu fördern, daran wird endlich gearbeitet.“
connect professional: Was wünschen Sie sich für das Jahr 2025?
„Für das Jahr 2025 wünsche ich mir auf der föderalen Bühne ein noch stärkeres Wir-Gefühl für unsere gemeinsame Mission der digitalen Transformation der öffentlichen Verwaltung. Das bedeutet, uns intensiver auf gemeinsame Standards und verbindende Architekturen und gemeinsame Basisfunktionalitäten für digitale Verwaltungsprozesse zu konzentrieren, aber auch, den Blick verstärkt auf die kommunale Ebene, also die Umsetzungsebene, zu richten. Ebenso wünsche ich mir einen stärkeren gemeinsamen Fokus auf deutliche Umsetzungsbeschleunigungen für alle Vorhaben, um der unverkennbar drohenden Überforderung der öffentlichen Verwaltung und einer damit verbundenen Abwertung als Standortfaktor entgegenzuwirken. Gleichermaßen gehören Datenschutz, IT-Sicherheit und Barrierefreiheit konsequent als Designprinzipien eingebunden. Denn das wird entscheidend sein, um innovative Technologien wie Künstliche Intelligenz nachhaltig zu integrieren und damit die Zufriedenheit der Bürger:innen und Unternehmen spürbar zu erhöhen.“