Ein Stolperstein auf dem Weg zur schönen neuen Arbeitswelt dürfte – neben Vertrauen, das noch weiter wachsen muss – der Umstand sein, dass das Büro für viele Werktätige nicht nur Arbeitsstätte ist, sondern auch soziales Umfeld: Man trifft sich, man plaudert, man tauscht sich aus – mal organisiert in Meetings, mal spontan in der Kaffeeküche. Dieser ungeplante, unorganisierte Austausch unterhalb des offiziellen Radars kann eine wichtige Quelle des Zugehörigkeitsgefühls zu einem Team sein – zugleich aber ist er etwas, das sich selbst mit modernster Digital-Work-Technik nicht wirklich gut nachbilden lässt.
Unternehmen begegnen diesem Manko mit Online-After-Work-Partys oder semi-geschäftlichen Video-Meetings – aber in aller Regel ist das wohlorganisiert. Es fehlt jenes kleine chaotische Moment, nicht zu wissen, wen man in der Kaffeeküche treffen wird und was es Neues – mal Wichtiges, mal Nebensächliches, mal Belangloses – zu erfahren gibt. Nicht zuletzt durch das Miteinander in den Nischen und Spalten des organisierten Alltags, das sich letztlich der Kontrolle durch Vorgesetzte entzieht, dürfte das klassische Büro für viele Mitarbeiter weiterhin seinen Reiz behalten – trotz flexibler Cloud-basierter Arbeit, Videoconferencing, einer Fülle nützlicher Apps und zunehmender Unterstützung durch KI.
„If I can make it there, I’ll make it any-where“, sang einst Frank Sinatra in seiner Großstadthymne „New York, New York“: Wenn ich’s dort schaffen kann, schaffe ich’s überall. In der neuen Arbeitswelt müsste man den Satz umdrehen: „Wenn ich überall was schaffen kann, dann schaffe ich auch was!“ Schließlich ist Ortsungebundenheit ein Hauptpfeiler des selbstbestimmten Arbeitens. Nun müssen die einschlägigen Softwareanbieter eben nur noch dafür sorgen, dass sich die Werktätigen in dieser neuen, von Orten entkoppelten Arbeitswelt auch wirklich zu Hause fühlen, obwohl sie es statt mit Kollegen im Büro und in der Kaffeeküche die meiste Zeit mit Apps, Bots und KI-basierten Assistenten zu tun haben.
In Lockdown-Zeiten haben Video-Conferencing-Services dazu beigetragen, dass sich sozial distanzierte – genauer: geografisch verteilte – Familien, Freundeskreise, Vereine, Bands und eben Belegschaften in den Unternehmen trotz der Entfernung etwas verbundener fühlen konnten. Doch von diesem Video-Baustein abgesehen sind die „Work from Anywhere“-Werkzeuge auf Produktivität und Effizienz ausgelegt, nicht darauf, das Arbeitsumfeld als soziales Habitat zu ersetzen. Da gilt es nachzujustieren, will das „neue Normal“ dem alten eines Tages ebenbürtig sein.
Vielleicht gibt es ja bald Bots, die montags schlecht gelaunt sind, weil ihr Lieblings-Roboterfußballverein verloren hat. Oder Siri schwärmt unvermittelt von dem netten Fahrspurassistenten, den sie auf BotTinder getroffen hat. Doch vorerst müssen wir wohl damit leben, dass New Work zwar faszinierend und modern ist, sich aber nicht wirklich heimelig anfühlt.