Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die japanische Organisation für Luft- und Raumfahrt (JAXA) haben ein aus ihrer Sicht enormen Fortschritt in der Robotik an Bord der Internationalen Raumstation (ISS) bekanntgegeben. Man will so den Weg für Mensch-Roboter-Teams im All ebnen.
Bei der am 29. Juli abgeschlossenen Ichiban-Mission (japanisch für „Der Erste“) kommunizierten und kooperierten erstmals zwei separat entwickelte Astronauten-Assistenzroboter über zwei verschiedene IT-Netzwerke miteinander.
Die Zusammenarbeit zwischen den beiden unterschiedlichen freifliegenden Robotersystemen eröffnet den Raumfahrtagenturen neue Möglichkeiten, die Arbeit der Astronauten durch Robotik und KI zu ergänzen und zu verbessern. So können die Agenturen und Systeme jetzt zusammenarbeiten, um ISS-Experimente zu beschleunigen, die ISS auf Mängel zu untersuchen und die Sicherheit der Astronauten zu verbessern.
„IBM ist seit vielen Jahrzehnten ein wichtiger Technologiepartner der Raumfahrtindustrie, von den Apollo-Mondmissionen bis hin zu Innovationen an Bord der Internationalen Raumstation. Die Ichiban-Mission stellt den nächsten entscheidenden Schritt dar: die Kombination von künstlicher Intelligenz und Robotik zur Verbesserung der Fähigkeiten und der Sicherheit der Astronauten. Die sichere, systemübergreifende Kommunikation und Kooperation zwischen Robotern verschiedener Raumfahrtagenturen auf Basis der Technologie von IBM Watsonx eröffnet völlig neue Möglichkeiten für die Raumfahrt“, sagte dazu Matthias Biniok, Head of IBM Client Engineering DACH.
Die beiden Roboter – Int-Ball2 der JAXA und der Cimon des DLR – wurden ursprünglich nicht für diese Aufgaben konzipiert. Die beteiligten Teams entwickelten neue, KI-gestützte Erweiterungen, um beide Roboter sicher zu verbinden.
Roboterhelfer an Bord der ISS
Cimon wurde im Auftrag der Deutschen Raumfahrtagentur am DLR von Airbus und mit Unterstützung von IBM als autonomer Assistenzroboter für Astronauten auf der ISS entwickelt. Mithilfe der Verarbeitung natürlicher Sprache und der Bilderkennungstechnologie kann Cimon über Sprachbefehle mit der Besatzung interagieren und seine Umgebung visuell und akustisch wahrnehmen. Er basiert auf Watsonx, dem KI-Portfolio von IBM. Für die Ichiban-Mission wurden die Cimon-Integration, die Einsatzplanung und -durchführung mit Unterstützung der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und von BIOTESC, dem zuständigen Missionszentrum mit Sitz in der Schweiz, realisiert.
Int-Ball2 ist eine Kameradrohne der JAXA, die die Kameraarbeit der Astronauten unterstützt, während SEC die Entwicklung der integrierten Managementsoftware und der Bodenbetriebssysteme unterstützte. Es ist seit 2023 im japanischen Kibo-Modul der ISS stationiert und wird vom JAXA Tsukuba Space Center in Japan ferngesteuert. Int-Ball2 ermöglicht es dem Bodenkontrollteam, die Arbeit der Astronauten im Kibo-Modul zu filmen und zu überwachen, ohne dass ständig Kameras eingerichtet werden müssen. Die Astronauten an Bord der ISS verbringen bereits etwa zehn Prozent ihrer Arbeitszeit damit, zu fotografieren.
Verstecken spielen
Zu den Zielen der Mission gehörten:
Um diese Ziele zu erreichen, gab der JAXA-Astronaut Takuya Onishi über Cimon Sprachbefehle zur Fernsteuerung von Int-Ball2, das sich in einem separaten ISS-Modul befand. Int-Ball2 übertrug Bilder auf den Cimon-Monitor, sodass Onishi erfolgreich nach Gegenständen suchen konnte, die irgendwo auf der Station versteckt waren. Bis dahin konnten die Fotos von Int-Ball2 nur an die japanische Kontrollstation auf der Erde übermittelt werden, nicht aber an den Roboter einer anderen Agentur auf der ISS. Zu den versteckten Gegenständen gehörten ein Rubik's Cube, ein Hammer, Schraubendreher sowie eine ältere, ausgemusterte Version von Int-Ball.
Für das Experiment hat IBM neue Dialogfunktionen für Cimon entwickelt, die auf der Watsonx-Technik basieren und über ein drahtloses Update bereitgestellt wurden. Mit diesen neuen Funktionen ist vorgesehen, dass die ISS-Astronauten Int-Ball2 im japanischen Kibo-Modul über Sprachbefehle an Cimon steuern können. Das Robot Operation System (ROS) von Cimon ist so konzipiert, dass es diese Befehle erkennt und sie, wenn möglich, über die ISS-Netzwerke an Int-Ball2 übermittelt. Int-Ball2 wird dann programmiert, um die Befehle im Kibo-Modul auszuführen.
Dieser Meilenstein unterstreiche das immense Potenzial für künftige Missionen, bei denen Astronauten und mehrere Roboter auf integrierte und intuitive Weise zusammenarbeiten und so die menschlichen Fähigkeiten in schwierigen Weltraumumgebungen verbessern. Weitere Versuche zur Erforschung neuer Anwendungen sind bereits in Planung. Das Experiment wurde in Übereinstimmung mit den geltenden ISS-Sicherheitsstandards durchgeführt.
„Die Ichiban-Demonstration auf der ISS in Zusammenarbeit mit unseren Kollegen bei JAXA stellt einen bedeutenden Meilenstein in der Weltraumrobotik dar. Die erste Kommunikation zwischen den unabhängig voneinander entwickelten Systemen Cimon und IntBall-2 ebnet den Weg für die Vernetzung von künstlicher Intelligenz und Robotik in der Erkundung. Diese Errungenschaft wird die Unterstützung für die Astronauten erheblich verbessern“, kommentierte dies Dr. Christian Rogon von der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).