Die Hälfte der Bevölkerung wünscht sich einer aktuellen Bitkom-Studie zufolge Elektroautos oder autonome Fahrzeuge, die andere Hälfte lehnt sie ab. Ein wichtiges Kriterium beim Autokauf seien zudem digitale Dienste.
Die Automobilindustrie steht vor einem tiefgreifenden Umbruch. Den Deutschen sind beim Autokauf integrierte Navigationsdienste, Fahrassistenzsysteme oder digitale Dienste auf Grundlage von Fahrzeugdaten wie Reparaturhinweise inzwischen wichtiger als Motorleistung oder die Marke. Zudem ist vor allem für die große Mehrheit der Jüngeren das eigene Auto kein Statussymbol mehr, stattdessen spielt der Klimaschutz eine wichtige Rolle bei der Wahl des Verkehrsmittels. Und bei den Zukunftsthemen Elektroautos und autonomes Fahren sehen die Bundesbürger aktuell die deutschen Hersteller im Hintertreffen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von 1.004 Bundesbürgern im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, die heute im Vorfeld der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt (12. bis 22. September) vorgestellt wurde. „Ein Auto ist noch immer eine hervorragende Ingenieursleistung, auch wenn Software bereits eine zentrale Stellung einnimmt. Künftig wird diese Software für die Passagiere noch sichtbarer. Und sie wollen im Auto dieselben Dienste nutzen wie zu Hause“, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg. „Der Trend zum Elektroauto führt zudem dazu, dass die Markteintrittsschranken deutlich sinken. Ein Elektroauto ist viel einfacher zu konstruieren als ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, Antriebsstrang und Abgasanlage. Dadurch entwickeln sich neue Player aus dem Ausland und auch aus der Digitalbranche zu ernstzunehmenden Wettbewerbern für die etablierten Anbieter.“ 46 Prozent der Bundesbürger sehen die Autoindustrie durch die Verbreitung von Elektroautos herausgefordert, 31 Prozent durch den Trend zum autonomen Fahren.
Lieber digital als viele PS
Wichtigstes Kriterium beim Autokauf ist für die Bundesbürger, ob das neue Fahrzeug integrierte Navigationsdienste bietet (93 Prozent). Damit liegt es noch vor dem Anschaffungspreis (91 Prozent), Umwelteigenschaften wie Verbrauch (91 Prozent), dem allgemeinen Komfort (88 Prozent) und der Art des Antriebs (84 Prozent). Fahrassistenzsysteme wie Spurhalteassistent oder Einparkautomatik (80 Prozent) liegen ganz knapp vor dem Design (79 Prozent). Und Dienste auf Grundlage von Fahrzeugdaten (77 Prozent), die etwa Hinweise auf notwendige Reparaturen geben, sind wichtiger als die Motorleistung (70 Prozent) oder der Einsatz des Herstellers für Klimaschutz (67 Prozent). Ebenso wichtig wie die Marke (62 Prozent) ist die Kompatibilität des Cockpits mit dem eigenen Smartphone (62 Prozent). Ebenfalls von einer Mehrheit als wichtig eingestuft wird das Angebot von neuen Diensten auf Grundlage von Car-to-Car-Kommunikation (56 Prozent), mit der zum Beispiel vorausfahrende Fahrzeuge vor Hindernissen auf der Straße warnen können, sowie ein Internetzugang im Auto (51 Prozent), etwa für das Entertainment-System. „Auch wenn Fahrzeuge heute voller Elektronik stecken: Wir stehen noch am Anfang der Digitalisierung des Automobils. Der nächste Schritt wird erreicht, wenn die Fahrzeuge untereinander und mit der Straßeninfrastruktur wie Ampeln kommunizieren“, so Berg.
Das eigene Auto verliert an Bedeutung
4 von 10 Bundesbürger (40 Prozent) sagen, dass für sie persönlich das Auto im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln künftig deutlich an Bedeutung verlieren wird. Und für 6 von 10 (62 Prozent) ist der Besitz eines eigenen Autos kein Statussymbol. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Während nur 58 Prozent der über 65-Jährigen dieser Aussage zustimmen, sind es 70 Prozent der 16- bis 29-Jährigen. Doch das sind nicht die einzigen Herausforderungen für die deutsche Automobilindustrie. Drei Viertel (72 Prozent) geben an, dass der Klimaschutz für sie bei der Wahl des Verkehrsmittels eine sehr große Rolle spielt. 64 Prozent sehen den Umwelt- und Klimaschutz (64 Prozent) als Herausforderung für die Hersteller, fast jeder Zweite (48 Prozent) die Diskussion über autofreie Innenstädte. Ebenfalls als Herausforderungen gelten Handelskriege (46 Prozent), Carsharing (18 Prozent), Ridesharing (13 Prozent) und neue Verkehrsmittel wie E-Scooter (6 Prozent).
E-Autos verändern den Markt grundlegend
Für den Automobilmarkt sehen die Bundesbürger insbesondere durch E-Autos deutliche Verschiebungen der Kräfteverhältnisse. So ist die Hälfte (52 Prozent) der Meinung, dass die deutsche Autoindustrie die Wende hin zu Elektroautos und anderen erneuerbaren Antriebsformen verpasst (52 Prozent). Ähnlich viele sind sicher, dass sich 2030 die Marktanteile heute bekannter Hersteller durch Elektroautos massiv verschoben haben werden (48 Prozent). Und 46 Prozent gehen davon aus, dass 2030 heute noch erfolgreiche Autohersteller vom Markt verschwunden sein werden, weil sie Elektroautos zu spät oder gar nicht angeboten haben. Vor diesem Hintergrund sehen zwei Drittel der Bundesbürger neue Autohersteller aus China (68 Prozent) als Herausforderung für die deutsche Automobilindustrie. Bei der Frage nach einem Verkaufsverbot für Autos mit Verbrennungsmotor scheiden sich die Geister. Rund jeder Vierte (23 Prozent) wäre für ein Verbot spätestens ab 2030. Aber fast ebenso viele (20 Prozent) lehnen ein Verbot grundsätzlich ab.