funkschau: Beobachten Sie Berührungsängste seitens (potenzieller) Kunden bei Ihrem digitalen Angebot und gibt es die Möglichkeit, in eine 1:1- oder auch analoge Beratung zu wechseln?
Monshausen: Die Kundenreise im Versicherungsmarkt beginnt heute oftmals bei Suchmaschinen und geht über Vergleichs- oder Testportale zu den Webseiten der Versicherer. Der Abschluss führt sie dennoch oft in eine Versicherungsagentur vor Ort für eine persönliche Beratung. Einige Punkte dieser Kundenreise bilden wir heute schon gut ab, an anderen Stellen bauen wir unser hybrides Angebot aktuell stark aus. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, hat die Gothaer im Oktober 2021 eigens den Bereich Digitalvertrieb gegründet. Ziel ist es, den Kundenzugang zu unseren digitalen Angeboten durch friktionslose Kanalwechsel umfassend zu verbessern – stationär ebenso wie digital.
Herschlein: Ich differenziere drei Kundengruppen. Angefangen mit den nicht digitalaffinen Kunden, die Berührungsängste gegenüber digitalen Angeboten haben. Diese suchen den persönlichen Kontakt in ihrer Filiale vor Ort. Daneben gibt es die sogenannten „Hybrid-Kunden“, die bereits online recherchieren und vergleichen, aber auch persönliche Beratung schätzen. Die dritte Kundengruppe, die schon volldigital unterwegs ist, stellt besonders hohe Anforderungen an die UX und ihre Möglichkeiten, alles online abschließen zu können. Diese digitalaffine Kundengruppe ist in der Vergangenheit von den Banken zu wenig bedient worden. Diese Lücke haben wir mit unserem volldigitalen Kreditangebot erfolgreich geschlossen.
Jahrling: Von Berührungsängsten haben wir bisher noch nichts gehört, geschweige denn festgestellt, dass diese bei den Rechtsuchenden, die wir betreuen, existieren. In der Regel haben sich Rechtsuchende, die uns oder unsere Partneranwälte kontaktieren, vorher im Internet gut informiert und sich ganz bewusst dazu entschlossen, die digitale Rechtsberatung einer stationären vorzuziehen. Eines unserer Hauptanliegen ist es explizit, Berührungsängste abzubauen. Legal-Tech-Unternehmen wie Advocado können dazu beitragen, die Hürde für Rechtsuchende stark zu senken. Mit niedrigschwelligen Angeboten können auch Menschen zu ihrem Recht kommen, die früher mit Klein- und Kleinstfällen den Rechtsanwalt nicht kontaktiert hätten. Sei es, dass sie explodierende Honorare befürchteten oder aber ganz einfach die Hürde zu hoch war, einen Rechtsanwalt persönlich in seiner Kanzlei aufzusuchen. Deshalb ist es uns so wichtig, dass die anwaltliche Ersteinschätzung kostenlos und telefonisch erfolgt. Dadurch fällt es vielen leichter, sich überhaupt an einen Rechtsanwalt zu wenden, ohne Scheu und falsche Scham.