Unternehmen können heutzutage mit Hilfe von technischen Innovationen Probleme oft schon lösen, ohne dass der Kunde das melden muss. Das erspart Kundendienst-Mitarbeitern so manchen wütenden Anruf. Die Entwicklung des Kundenservices von reaktiv zu proaktiv kommentiert Jochen Katz von Salesforce.
Der Kundenservice wird traditionell am liebsten gemieden. Geht es dort doch zumeist um Beschwerden, Defekte oder ähnlich Unerfreuliches. In der vierten industriellen Revolution mit ihrer Vielzahl neuer digitaler Technologien wandelt sich die Rolle des Kundenservices jedoch. Das Stichwort „proaktiver Kundenservice“ beschert Unternehmen neue Chancen, um den entscheidenden Unterschied zu machen. Denn nicht nur verschwimmen Alleinstellungsmerkmale von Produkten wie Preis oder Qualität, auch die Erwartungen und das Verhalten von Kunden ändern sich.Der Nutzen von Produkten für die Kunden lässt sich durch begleitende Serviceerlebnisse erhöhen. Indem etwa durch Registrierung beim flankierenden Onlineservice personalisierte Anleitungen und Tipps angeboten werden, um ein Produkt noch besser zu nutzen und Bedienfehler auszuschließen. Dadurch entsteht nicht nur ein Mehrwert auf Seiten der Kunden, gleichzeitig werden die Anlässe für Serviceanfragen reduziert. Durch klare und einfache Self-Service-Angebote wie ausführliche Q&As, Foren oder (Video-)Tutorials erhöht sich dieser Effekt – zumal, wenn sie personalisiert und im Nutzungskontext des jeweiligen Kunden bereitgestellt werden.
Proaktiver Kundenservice – heute schon machbar
KI ist in vielerlei Hinsicht die Basis für einzigartige Kundenerlebnisse. Sollte tatsächlich ein Defekt auftreten oder ein Ersatzteiltausch nötig werden, lässt sich etwa durch Bilderkennung das auszutauschende Teil eindeutig identifizieren, wodurch das Risiko von Fehllieferungen sinkt. Frühwarnungen bereits im Bestellprozess, wenn Zubehör nicht zum gewählten Produkt passt, vermeiden zudem unnötigen Umtausch. Auch größere Empörungswellen, die heute bevorzugt durch die sozialen Medien wogen, fallen durch Bild- und Stimmungsanalyse von Postings frühzeitig auf und können durch schnelle, proaktive Reaktion rasch eingedämmt werden.Durch IoT-Lösungen, die Gerätedaten an KI-basierte Systeme beim Hersteller senden, lassen sich somit potenzielle, bei normaler Nutzung nicht sichtbare, Probleme früh erkennen. Der Service kann proaktiv agieren und rechtzeitig eine Wartung oder Reparatur veranlassen, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.
Das Ende der Warteschleife
Dabei sind Chatbots eine Unterstützung der menschlichen Mitarbeiter im Kundenservice. Sie können schon heute einfache, standardisierte Anfragen beantworten und für schnelle Abhilfe sorgen, wenn ein Kunde beispielsweise nur seine Flugdaten aufrufen, den Bestellstatus abfragen oder die Adresse ändern möchte. Wenn sie zudem deutlich als nicht-menschlicher Assistent erkennbar sind und obendrein mit einer sympathischen, digitalen Identität ausgestattet sind, werden Chatbots positiv aufgenommen. Wichtig ist eine nahtlose Übergabe an einen kompetenten Servicemitarbeiter, sobald der Chatbot an seine Grenzen stößt. Die ungeliebte Warteschleife wird damit bald der Vergangenheit angehören.
Teile dieses proaktiven Kundenservices sind häufig heute schon Alltag. Anderes erscheint vielen Unternehmen noch als Vision, fürchten sie doch hohe Kosten und Aufwände für die Implementierung von KI-Lösungen. Diese Technologie ist in immer mehr Anwendungen bereits direkt integriert und kann daher unmittelbar genutzt werden – ohne, dass spezielles Know-how im Unternehmen notwendig ist oder erst ein Data Scientist engagiert werden muss. 2019 kann das Jahr werden, in dem der Kundenservice eine Wende erlebt – weg von der ungeliebten Anlaufstelle hin zum Serviceerlebnis, das Kunden für eine Marke begeistert.
Jochen Katz ist Senior Product Marketing Manager bei Salesforce