Eine der größten Herausforderungen für Netzbetreiber ist der Umgang mit dem Internet und IP-Diensten. Wenn sie nicht aufpassen, verdienen sie immer weniger Geld mit Sprachtelefonie und werden – mangels neuer Dienste – auf eine Daten-Pipeline reduziert. Dann besteht der Wettbewerb nur noch darin, wer die größte Bandbreite zum günstigsten Preis liefern kann. Dabei wird Bandbreite immer mehr zu einem alltäglichen Gebrauchsgut, mit dem sich kaum Geld verdienen lässt. Gleichzeitig ist das Bereitstellen von immer mehr Bandbreite kostspielig.
Netzbetreiber haben mit Sprachtelefonie, ihrem Kerngeschäft, noch einen Umsatzbringer. Doch es wird gekämpft. Da auch das Unterhalten von Sprachnetzen kostspielig ist und von vielen Analysten als veraltet und ohne Zukunft bezeichnet wird, sehen es manche Netzbetreiber als aussterbende Technologie. Sie bauen Personal ab und investieren kaum mehr in ihre Sprachnetze. Netzbetreiber müssten durch eine intelligente Verschmelzung von Telefonie- und Internet-Diensten der Sprachtelefonie neuen Mehrwert hinzufügen. In den Thinktanks der Netzbetreiber wird daher heftig gegrübelt, wie neue Anwendungen für Unternehmen sowie Privatkunden, unter Einbeziehung der im Internet gegebenen Möglichkeiten, bereitgestellt werden können, und wie Netzbetreiber den Erfindungs- und Geschäftsgeist der vielen App-Entwickler für sich einspannen können.
Im Unternehmensbereich gibt es immer mehr standardisierte Datendienste, die über Internet beziehungsweise Intranet verwendet werden. Als Beispiele seien Xing, Linkedin, SAP oder Outlook genannt. Bei der Bereitstellung von Telefonie liegt der Trend darin, diese Dienste miteinzubinden. Hypothetisches Szenario: Ein Teilnehmer möchte einen Kollegen erreichen und dieser ist laut Outlook-Kalender in einer Besprechung. Der eingehende Anruf wird je nach Nummer des Anrufenden auf die Sprachbox gehen, mit einem Besetzt-Zeichen beantwortet oder an einen Kollegen geleitet. Es kann sogar eingerichtet werden, dass der Angerufene die Nachricht als E-Mail bekommt oder als Nachricht in Xing, Linkedin oder einer ähnlichen Business-Applikation. Die Strategie der Netzbetreiber liegt darin, Mehrwert durch die Einbindung der Internet-Dienste anzubieten.
Eine ähnliche Entwicklung lässt sich im Bereich der Contact-Center-Lösungen beobachten: Diese verknüpfen die Verarbeitung von Telefonaten durch den Agenten mit Social-Media aus dem Internet wie etwa Facebook oder Twitter und Diensten wie Salesforce. Für den Privatnutzer ergeben sich ebenfalls neue Anwendungsszenarien, wenn Telefonie und soziale Netzwerke näher zusammenrücken. SMS lassen sich als Facebook-Direktnachrichten verschicken oder auch als Tweets. Genauso lässt sich eine Sprachnachricht oder MMS als Facebook-Direktnachricht oder Pinnwand-Eintrag abbilden. Ähnlich sollte der designierte SMS-Nachfolger Joyn funktionieren, auch wenn dies technisch schwer zu realisieren sein mag: es gibt Sicherheitsbedenken und die Implementierung ist kostspielig. Mit einer einfacheren Lösung, die Telefonie- und IP-Dienste konvergieren lässt, würden Netzbetreiber ein geringeres Risiko eingehen.