Richtig spannend wird es, wenn Netzbetreiber in ihrem Netz eine API (Application-Programming-Interface = Programmierschnittstelle) bereitstellen, so ihr Netz öffnen und dann Web-RTC integrieren. Sie öffnen ihr Netz für Dritte, die Apps programmieren, die im Browser laufen und über Web-RTC die Ressourcen des Telefonnetzes nutzen. Diese Apps können komplexe Contact-Center- oder PBX-Anwendungen sein, aber auch Videospiele im Browser und die Teilnehmer eines Multiplayer-Spiels können über Web-RTC in Echtzeit miteinander reden. Die Programmierer nutzen HTML5, um ihre Anwendungen im Browser zu schreiben, denn dank HTML5 wird der Browser zu einer programmierbaren Plattform. Was sonst für Anwendungen möglich sind, bleibt ganz der Phantasie und Kreativität dieser Entwickler überlassen. Gleichzeitig haben sie die Zuverlässigkeit eines Telefonnetzes zur Verfügung.
Die API soll den App-Programmierern das Leben erleichtern. Einige glauben, die "REST"-API von RCS würde diese Rolle übernehmen. Besser geeignet ist jedoch eine Javascript-API, über die die Entwickler die Ressourcen im Telefonnetz, wie Anrufkontrolle, nutzen könnten. Telefonnetze sind extrem komplex, es gibt eine Vielzahl an Protokollen, die die Anrufkontrolle regeln und einen App-Programmierer, dessen Stärke Internet-Anwendungen sind, vor eine große Herausforderung stellen. Es bedarf also einer API, die diese Komplexität auf eine Weise bündelt, mit der ein Web-Entwickler einfach umgehen könnte, ohne viel Neues lernen zu müssen. Nichts bietet sich mehr an, als eine Javascript-API.
Dieselbe Technologie ermöglicht den Entwicklern, Internet-Applikationen in ihre Programme einzubinden. Dies können soziale Netzwerke sein, aber auch Business-Anwendungen, wie Xing, Linkedin, Oracle, Salesforce, Dienste von Google oder SAP. All diese Dienste haben eigene APIs und können von App-Programmierern genutzt werden. So lässt sich beispielsweise der Google-Kalender in eine PBX-App integrieren. Informationen aus dem Kalender beeinflussen, was mit einem eingehenden Anruf passiert. Ebenso lassen sich mehrere soziale Netzwerke und Anwendungen gleichzeitig einbinden. Damit auch die Komplexität im Rahmen gehalten wird, sollten die APIs aus diesen Diensten ebenfalls in eine handliche Javascript-API gebündelt werden. App-Entwickler nutzen also jeweils eine Javascript-API, um Sprachtelefonie und Internet-Anwendungen im Browser zusammenzuführen. Damit sie dies können, müssen Netzbetreiber ihre Netzt öffnen und den Programmierern die APIs zu Verfügung stellen.
Neue Umsatzquellen dank Offenheit
Hier ergeben sich die neuen Umsatzmöglichkeiten für Carrier. Sie können die Nutzung des Netzes dem App-Entwickler in Rechnung stellen, sie können App-Stores anbieten und dort Regalplatz vermieten. Zudem können sie sich am Umsatz der Apps beteiligen. Ebenso können sie die Nutzung ihrer APIs lizensieren und in Rechnung stellen. Auch hier sind viele verschiedene Modelle möglich. Netzbetreiber, die mehr sein wollen, als eine reine Daten-Pipeline, müssen ihren Kunden echten Mehrwert bieten, neue Technologien, wie Web-RTC, einsetzen und klassische Telefonie- und Internet-Dienste miteinander verknüpfen. Dafür müssen sie ihr Netz öffnen und das Angebot in den Browser verlagern. Dort können sie ihren Kunden konvergente Dienste bereitstellen, die Bekanntes wie Facebook, Xing, Salesforce oder Google über APIs nutzen und es zusätzlich mit Web-RTC versehen. Dabei greifen sie auf die Ressourcen des Telefonnetzes zu.
Natürlich können Netzbetreiber abwehrend auf Web-RTC reagieren, den Dienst blockieren oder in Rechnung stellen. Sie können sich auch auf ein Wettrüsten mit ISPs einlassen und zum Geschäftsmodell erklären, die größte Bandbreite zu haben. Ihren Kunden liefern sie so aber keinen Mehrwert und es ist fraglich, ob dies zukunftsträchtig ist. Stattdessen können sie ihr Netz öffnen und neue Anwendungen ermöglichen und zulassen. Web-RTC bietet die Möglichkeit, zusammen mit intelligenter Konvergenz von Telefonie und Internet, neue Geschäftsfelder und neue Umsätze zu erschließen.