Ist Homeoffice das neue Rauchen? Und wie weit reicht die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers? Ein Kommentar.
Homeoffice und Mobile Working scheinen oftmals der heilige Gral modernen Arbeitens zu sein. Arbeitgeber profitieren von hochmotivierten Arbeitskräften, die laut Studien auch noch deutlich produktiver als Büroarbeiter sind, und sparen gleichzeitig noch Platz in den Büros. Arbeitnehmer wiederum können nach ihrem Gusto arbeiten, wann immer und wo immer sie möchten und müssen weder langen Anfahrtswege im morgendlichen Verkehrschaos auf sich nehmen, noch teure Immobilien in zentraler Lage erwerben oder mieten. Darüber hinaus versprechen sie sich bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Doch neue Erkenntnisse könnten das scheinbar perfekte Bild bröckeln lassen: Nach einer Studie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ist Arbeit aus dem Homeoffice stressiger und gesundheitsschädlicher als die klassische Präsenz im Büro. Besonders Mobile Worker soll es am härtesten treffen. In der Studie wurden Arbeitsbedingungen von Angestellten in 15 Ländern unter die Lupe genommen. In der Analyse verglich die ILO die Situation von Menschen, die ganz oder zumindest teilweise von zu Hause aus arbeiten beziehungsweise die von hochmobilen Mitarbeitern mit der von Arbeitnehmern, die ausschließlich im Büro sitzen.
Die Ergebnisse überraschen: Alle drei Gruppen der Telearbeiter waren anfälliger für Krankheiten und Unwohlsein als diejenigen, die ohne Ausnahme vom Büro aus arbeiten. Danach leiden 42 Prozent der hochmobilen und der regelmäßig von zu Hause aus arbeitenden Gruppen an Schlafstörungen. Ähnlich schlecht ist die Stressbilanz derjenigen, die von überall aus arbeiten – 41 Prozent der hochmobilen Angestellten klagten über Stress. Büroarbeiter schnitten deutlich besser ab. Trotz scheinbar besserer Work-Life-Balance leisten Heimarbeiter in der Regel mehr Überstunden. Die fehlende Abgrenzung von Arbeit zu Privatleben macht vielen zu schaffen und Mitarbeiter, die ausschließlich von daheim arbeiten, fühlen sich von Kollegen und Vorgesetzten oft weniger wertgeschätzt. Zudem kann das Homeoffice entfremdend wirken, der Alltag ist dadurch weit weniger sozial geprägt – Forscher warnen sogar vor den Folgen der Einsamkeit auf die Lebenserwartung.