Klaus Müller von der Deutschen Telekom zieht im funkschau-Interview ein positives Fazit der IP-Umstellung. Der Netzbetreiber hat demnach viele Herausforderungen gelöst, bis auf wenige Ausnahmen sollen alle Kunden bis Ende 2018 migriert werden. Anschließend steht der Netzausbau im Fokus.
funkschau: Herr Müller, die Telekom nähert sich dem selbst gesteckten Ende des IP-Umstellungsprozesses. Wie würden Sie dieses Großprojekt rückblickend bewerten? Sind Sie auf große technische Probleme oder auch Widerstände gestoßen?
Klaus Müller: Ein Projekt dieser Größenordnung kann nicht komplett reibungsfrei verlaufen. Insgesamt gab es aber weniger Schwierigkeiten, als wir befürchtet hatten. Wir haben die Umstellungsarbeiten gemeinsam mit unseren Kunden sehr gründlich vorbereitet und durchgeführt – und wurden dafür im Nachhinein belohnt: Die Zufriedenheit bei unseren IP-Kunden ist durchweg höher als bei den ISDN-Kunden. Unsere IP-Quote im Double Play, also bei Telefonie und Internet über einen Zugang, liegt aktuell bei 88 Prozent. Und auch die Migration der komplexen GK-Anschlüsse läuft auf vollen Touren. Tatsächlich sind viele Herausforderungen, die wir zu Beginn noch gesehen haben, heute gelöst. Insgesamt sind wir sehr zufrieden mit der IP-Migration, wenn auch noch nicht alles erledigt ist.
funkschau: Einige Herausforderungen gibt es aber sicherlich noch. Kürzlich haben Sie erklärt, dass verschiedene Kunden der Telekom voraussichtlich auch Anfang 2019 noch nicht über IP kommunizieren werden. Um welche Unternehmen und Anschlüsse handelt es sich genau?
Müller: Hier sind einerseits sehr komplexe Anschlüsse wie etwa der Primärmultiplexanschluss gemeint, andererseits aber auch unsere großen Geschäftskunden mit umfangreichen Systemen und Rollout-Plänen, die sehr komplexe Umstellungen in der eigenen TK- und IT-Infrastruktur durchführen müssen. Das braucht eine gewisse Zeit zur Umsetzung. Mit diesen Kunden sind wir allerdings auch schon sehr lange in Kontakt, haben mit der Umsetzung bereits begonnen und finden in solchen Fällen stets individuelle Lösungen. In Summe sind dies also sehr wenige und individuelle Anschlüsse, die auch in 2019 noch nicht über IP kommunizieren.
funkschau: Gerade zu Beginn der Umstellung kam aus dem Markt viel Kritik an der Telekom-Strategie, einige Unternehmen würden sicher noch gerne an ISDN festhalten. Warum war und ist die Migration auf IP dennoch so wichtig für die Telekom und die deutschen Netze?
Müller: Das ISDN-Netz stammt noch aus einer Zeit, in der die Telekommunikation fast ausschließlich aus Sprache bestand. Die Datenkommunikation hat dabei keine echte Rolle gespielt; das Netz war im Prinzip auf 64 Kilobit ausgelegt. Erst später kam die DSL-Plattform als Ergänzung für Daten dazu. Mit der Umstellung auf IP setzen wir jetzt auf ein einheitliches und leistungsfähiges Kommunikationsprotokoll, das neben sehr hohen Bandbreiten auch eine bessere Administration des Netzwerks ermöglicht und neue Produkt- und Leistungsmerkmale mit sich bringt. Insbesondere Geschäftskundenanschlüsse wie der SIP-Trunk oder die Cloud PBX sind Beispiele dafür.
Hintergrund: Fortschritt der IP-Umstellung
Die Deutsche Telekom hat zuletzt im vergangenen Mai einen Einblick in den Prozess der IP-Umstellung gewährt. Zu diesem Zeitpunkt waren laut dem Netzbetreiber 90 Prozent aller Breitbandanschlüsse auf IP migriert, was einer absoluten Zahl von mehr als 18 Millionen entspricht. Rund 80.000 Anschlüsse kommen demnach pro Woche hinzu. Die Bonner wollen das Ziel erreichen, die Umstellung bis Ende 2018 abzuschließen. Im Geschäftskundenbereich fällt die Quote etwas geringer aus. Hier hat die Telekom rund 85 Prozent beziehungsweise rund als 1,8 Millionen Anschlüsse umgestellt, wobei nicht jede Variante in dieser Statistik erfasst wurde, wie beispielsweise die Primärmultiplexanschlüsse. Hierbei soll es sich laut Klaus Müller, Leiter Strategische Entwicklung und Transformation bei der Telekom, jedoch um deutlich weniger als 100.000 Unternehmen handeln. Einige Kunden des Netzbetreibers werden also auch nach 2018 noch nicht über IP kommunizieren, wie Müller im Interview mit funkschau bestätigt, den weitaus größeren Anteil will der Netzbetreiber aber in den kommenden Monaten umgestellt haben.