Mit den Babyboomern, Generation X, den Millenials und der Generation Z sind aktuell vier Generationen im Arbeitsmarkt, die alle unterschiedlich im Bezug auf Technologie sozialisiert sind. Unternehmen müssen deshalb beachten, wie sie „Tech Shaming“ am Arbeitsplatz vermeiden können.
Schon vor der Pandemie zeichnete sich bei der Generation Z ein wachsender Trend zum ortsunabhängigen Arbeiten. Der Typus des digitalen Nomaden wurde und wird immer noch in den sozialen Netzwerken gefeiert und verehrt. Viele digitale Start-ups, die ihre Mitarbeiter ad hoc einstellen und einsetzen konnten – unabhängig davon, ob sie vom Haus ihrer Eltern oder vom Strand in Thailand aus arbeiten, haben diesen Trend anfangs noch unterstützt und sogar aktiv gefördert. Schließlich haben beide Seiten davon profitiert: Die Fixkosten blieben niedrig und die Arbeit ließ sich so flexibel wie möglich mit dem Privatleben verbinden, während ein Großteil der älteren Generationen noch brav jeden Tag ins Büro pendelte.
Durch die Pandemie und den damit einhergehenden weltweiten Lockdowns wurde allerdings nicht nur das traditionelle Büro geschlossen, sondern auch eine ganz neue Kultur der „Heimarbeit“ geschaffen – ein Kulturwandel, der die seit jeher gewohnten Prozesse am Arbeitsplatz auf einmal komplett in Frage stellte und Folgen hat. Denn auch wenn die digitalen Nomaden nach der Pandemie immer noch vom Strand aus arbeiten, müssen sich viele der GenZler heute nun doch wieder im Büro einfinden und sind darauf viel weniger vorbereitet als frühere Generationen. Denn obwohl sie zu Hause mit Spitzentechnologie vertraut sind, sehen sich diese jungen Berufstätigen plötzlich mit einem neuen und problematischen Trend konfrontiert: der sogenannten „Tech-Shame“ am Arbeitsplatz, was sich nicht nur auf ihre Arbeitsleistung, sondern auch auf die Produktivität des ganzen Unternehmens auswirken kann.
Tech Shame ist das Gefühl der Verlegenheit oder Unzulänglichkeit, das entsteht, wenn die technischen Fähigkeiten oder Kenntnisse einer Person in Frage gestellt oder kritisiert werden. Natürlich kann es jedem von uns am Arbeitsplatz passieren, mit Tech Shame konfrontiert zu werden. Allerdings wird bei den Beschäftigten der Generation Z von den älteren Generationen oft angenommen, dass sie technisch versierter sind. Können sie die an sie gestellten Erwartungen oder Anforderungen dann nicht erfüllen, entstehen häufig Tech-Shame-Situation – und das ist gar nicht selten der Fall: So zeigt es sich, dass ein Großteil der GenZler nicht in der Lage ist, veraltete und überholte Software und Hardware effizient zu nutzen.
Die britische Tageszeitung The Guardian beschäftigte sich kürzlich in einem ausführlichen Artikel mit dem Problem und wies darauf hin, dass „jeder fünfte junge Büroangestellte angab, sich wegen seiner technischen Probleme verurteilt zu fühlen". Für Unternehmen könnte sich daraus ein echtes HR-Problem entwickeln. Es muss vermieden werden, dass dieser neu geprägte Begriff des „Tech-Shaming“ das Vertrauen und das Wohlbefinden der Mitarbeiter der Generation Z beeinträchtigt. Sie sind die erste Generation, die mit dem Smartphone besser zurechtkommt als die meisten Millennials und sogar besser als viele Angehörige der Generation X mit ihrem Laptop umgehen können. Bei der Konfrontation mit ungewohnten Technologien am Arbeitsplatz besteht für Unternehmen eindeutig die Notwendigkeit, ihre Mitarbeiter zu schulen und zu trainieren, anstatt sie zu übersehen oder zu verurteilen. In einer Zeit, in der Talente abwandern und Unternehmen Schwierigkeiten haben, ihre Stellen zu besetzen, ist es eine der einfachsten Übungen, dafür zu sorgen, dass Kollegen in der Lage sind, die Bürotechnik kompetent zu nutzen. Und es lohnt sich für sie, denn eine gute technische Schulung führt zu besseren und vor allem zufriedeneren Mitarbeitern.
Es ist wichtig, dieser „Technikscham" konsequent entgegenzutreten, bevor sie sich zu sehr verfestigt. Denn je länger sie ohne Beachtung bleibt, desto stärker wird sie sich bei Mitarbeitern einprägen. Unternehmen können aber sofort mit ein paar Maßnahmen dagegenhalten.
Unternehmen sollten sich also die Zeit nehmen, die technologische Vielfalt in ihrer Arbeitsumgebung zu analysieren. Erst dann können sie auch den Wert der unterschiedlichen Fähigkeiten und Perspektiven einschätzen, die die verschiedenen Generationen ihre Mitarbeiter mitbringen müssen und für welche Technologien Trainingsbedarf besteht. So verfügen einige Mitarbeiter vielleicht über spezifische digitale Fähigkeiten, die sie im letzten Jahr erlernt haben (zum Beispiel das Programmieren einfacher Apps), während andere Mitarbeiter vielleicht über jahrzehntelange Erfahrungen mit Bestandssystemen verfügen, die nach wie vor relevant sind und an ihre Kollegen weitergegeben werden können (zum Beispiel die Frage, wie man einem potenziellen Kunden in einer Pitch-Umgebung am besten physische Ressourcen zur Verfügung stellt). Die Anerkennung und Würdigung der einzigartigen Stärken und Fähigkeiten jedes einzelnen Mitarbeitenden kann genauso wichtig sein wie das Erlernen der Fähigkeiten selbst. Daher ist es äußerst wichtig, dass beide Seiten am Arbeitsplatz Wertschätzung erfahren.
Zum ersten Mal arbeiten vier Generationen – Boomer, Generation X, die Millenials beziehungsweise Generation Y und Generation Z – zusammen. Sie sind in sehr unterschiedlichen technischen Umgebungen groß geworden. Die Überbrückung der technischen Kluft zwischen den verschiedenen Generationen am Arbeitsplatz und die Unterstützung von Mitarbeitenden bei der Überwindung potenziellen Tech Shamings lässt sich sicherlich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen. Aber Unternehmen haben die Möglichkeit, schon jetzt zu handeln und aktiv zu werden. Wenn sie verstehen, wie sich Technologie am Arbeitsplatz auf ihre Mitarbeitenden auswirkt, können sie nachhaltige Strategien entwickeln, um eine unterstützende und integrative Arbeitsplatzkultur zu fördern. Dann werden sich auch alle Generationen im Unternehmen besser dafür gerüstet fühlen, um ihre Arbeit mit höchster Qualität zu erledigen und die Technologie so einzusetzen, wie sie eingesetzt werden muss: um beim täglichen Arbeiten bestmöglich zu unterstützen.
Michael Lang, Geschäftsführer Lexmark DACH