Aktuell entsteht in vielen Unternehmen ein Spannungsfeld. Die neuen Anforderungen der Arbeitswelt 4.0 treffen auf alte 9-to-5-Zeitstrukturen, Freiheit und Selbstbestimmung entstehen, ohne Mitarbeitern jedoch die entsprechende Planbarkeit und Führung an die Hand zu geben. „Arbeitnehmer und Freelancer in Deutschland wünschen sich mehr Stabilität und Struktur, um Zeit- und Leistungsdruck zu verringern“, sagt Lehne. Ein hastig umgesetztes Konzept kann hingegen ein Strukturvakuum schaffen und mit Mehrarbeit sowie weiterhin steigendem Druck einhergehen – besonders, wenn ständige Erreichbarkeit auch im Privatleben zum Status quo wird. Die Folgen lassen sich laut der Studie schon heute ablesen: 63 Prozent der Befragten sehen mentale Probleme wie Burnout oder Schlafstörungen bereits jetzt als ein Ergebnis von New Work. 67 Prozent befürchten, die psychische Belastung werde in den kommenden Jahren noch steigen.
Dass in deutschen Unternehmen der Druck und in Folge die Zahl der Fehltage aufgrund „psychischer Leiden“ steigen, das zeigt auch eine Studie der BKK, dem Dachverband der Betriebskrankenkassen. Während 2006 zehn Prozent der Krankschreibungen auf psychische Diagnosen entfielen, waren es 2016 bereits 16 Prozent. Die BKK schreibt, dass die Gründe hierfür zwar vielfältig sind, die „zunehmende Verdichtung der Arbeit und die rasant fortschreitende Digitalisierung der Arbeitswelt aber zweifelsohne eine Rolle“ spiele. Zwar betont der Verband auch, dass die Belastung durch körperliche Tätigkeiten abnimmt, da technische Hilfsmittel wie Roboter oder autonome Maschinen viele Aufgaben wie beispielsweise das Heben von schweren Lasten übernehmen würden. „Jedoch kompensiert ein ergonomisch gestalteter Arbeitsplatz nicht die zunehmende Arbeitsverdichtung und das Problem der ständigen Verfügbarkeit, das mit der Digitalisierung einhergeht.“
Extremer Kulturwandel
„Ich glaube, New Work wird scheitern, wenn sich Arbeitgeber nicht damit auseinandersetzen“, resümiert Lehne. Während das Konzept wie zugeschnitten auf die Entwicklungsprojekte von Microsoft oder Google sei, würden viele Unternehmen hierzulande hingegen vor einem „extremen Kulturwandel“ stehen. „Der muss ganz oben anfangen, immerhin habe viele Führungskräfte eine ganz andere Art des Führens gelernt.“ Es gilt, Muster zu durchbrechen, Verhalten zu verändern, aber beispielsweise auch, flexiblere Arbeitszeitstrukturen zu etablieren. Viele der Studienteilnehmer wünschen sich demnach lieber eine Wochen- als eine Tagesarbeitszeit, um den neuen Anforderungen stärker Rechnung zu tragen. Denn wichtig sei es laut der Studie für Unternehmen allem voran, trotz zunehmender Flexibilität und Selbstbestimmung für Stabilität und Planbarkeit zu sogen. Nur so lasse sich der Graben zwischen Wunsch und Wirklichkeit schließen und Mitarbeiter davon überzeugen, dass New Work nicht zwangsläufig gleichbedeutend mit Mehrarbeit und fallenden Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben ist. „Denn ohne Mitarbeiter haben wir keine Kunden, keine Produkte, kein Geschäft“, erklärt Lehne.