Serie Green IT, Teil 3: Equinix

Für kühle Rechner

18. Januar 2022, 7:00 Uhr | Dr. Wilhelm Greiner

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Wissenschaftsbasierte Ziele

Unabhängig von den Besonderheiten und Tücken des Standorts Frankfurt nimmt Equinix das Thema Energieeffizienz sehr ernst – nicht zuletzt aus Eigeninteresse. Aber auch die Umwelt hat der RZ-Betreiber im Blick. So bezieht Equinix in Deutschland schon seit 2014 zu 100 Prozent Ökostrom, weltweit gilt dies für 90 Prozent der Equinix-RZs. „Die Science-based Targets, die wir veröffentlicht haben, besagen: Wir planen, bei den Scope-1- und -2-Emissionen bis 2030 klimaneutral zu sein, unter anderem mittels Zertifikaten“, führt Feidner aus. „Bei Scope 3 – also allem, was in Beton und Stahl steckt – wollen wir bis 2030 auf 50 Prozent Emissionsreduktion kommen.“

Um Klimaneutralität zu erreichen, setzt Equinix auf vielfältige Maßnahmen. Ein aktuelles Beispiel: „Wir nutzen auch neue Technologie wie die des Startups Etalytics, eine KI, die unser Kühlsystem im Rechenzentrum FR6 überwacht und steuert“, so Feidner. „Laut den Ergebnissen aus unserem Testbetrieb können wir die jährliche Energiezufuhr des Betriebsstroms um bis zu 7,6 Prozent reduzieren.“

Bei der Stromversorgung diskutiere man PPAs (Power Purchase Agreements) anstelle von Herkunftsnachweisen. „Dadurch würde der Strom uns sozusagen ‚näherkommen‘“, so Feidner. Ebenfalls in der Diskussion seien alternative Stromquellen, also Wasserstoff- oder Brennstoffzellen. In den USA nutzen schon einige Equinix-Standorte Brennstoffzellen als primäre Stromquelle. Damit beschäftige sich Equinix auch in Europa intensiv. Wenig Möglichkeiten sieht Feidner hingegen bei der hauseigenen Erzeugung von Solarenergie: „Photovoltaik evaluieren wir ebenfalls, aber auf den Dächern stehen die Rückkühler, da ist also kein Platz, und an der Fassade können wir PV in Frankfurt nicht montieren, da seitens der Stadtplanung eine begrünte Fassade vorgesehen ist.“

Auch in puncto Abwärme hat Equinix aktuelle Pläne: „Für die Abwärmenutzung von Rechenzentren müssen drei Dinge zusammenkommen: ein Rechenzentrum, ein Versorgungsnetz und Abnehmer mit modernen Heizungen“, so Feidner. „2022 eröffnen wir ein Rechenzentrum in München in einem neuen Industriepark. Da sind wir für die Abwärmenutzung bereits in sehr fortgeschrittenen Gesprächen mit Investoren.“

Die Bemühungen des RZ-Betreibers um mehr Nachhaltigkeit gehen über Stromversorgung, Kühlung und Abwärmenutzung hinaus: Auch ein reduzierter und intelligenterer Ressourceneinsatz ist erklärtes Ziel. „Wir evaluieren zum Beispiel die Abschaffung von Kältemitteln mit Treibhauspotenzial“, sagt Feidner. Zudem habe man beim Bau von reiner Wasserkühlung auf eine Hybridkühlung umgestellt. „Die braucht zwar mehr Strom, entnimmt aber weniger Wasser aus der Straßenleitung. Wir haben Regenwasserbecken gebaut, damit wir kein Wasser aus den Hydranten entnehmen müssen. Außerdem setzen wir unsere Rechenzentren nicht auf Betonplatten auf, sondern versenken Pfeiler im Boden, das heißt, wir sanieren auch den Boden“, so Feidner weiter. „Beim Bau von FR2 und FR9 zum Beispiel haben wir 47.000 Tonnen kontaminierte Erde abgetragen und neue, saubere Erde eingebracht.“ Dies senke zwar den Ressourcenverbrauch nicht, verbessere aber die natürlichen Ressourcen.

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Equinix-Manager Jens-Peter Feidner
„Wir würden Abwärme sogar unentgeltlich abgeben“, erklärt Equinix-Manager Jens-Peter Feidner.
© Equinix

Feidner betont, Nachhaltigkeit sei „in die Kultur von Equinix integriert“. Dabei gehe es nicht allein um das Thema Umwelt und Klima, sondern auch um soziale Aspekte: „Hier in Deutschland haben wir zum Beispiel in unserem Fahrzeugpool die Verbrennerfahrzeuge abgeschafft und durch ein Carsharing mit geleasten Elektroautos ersetzt. Unsere Beschäftigten können die E-Autos zu einem sehr geringen Mietpreis auch privat nutzen. Wer also in der Stadt wohnt, braucht gar kein Auto mehr, sondern kann auf den öffentlichen Nahverkehr und unsere Elektrofahrzeuge zurückgreifen.“ Zudem könne die Belegschaft ihre Elektroautos kostenlos am RZ-Standort laden.

Auf die Frage nach anstehenden Nachhaltigkeitsinitiativen erklärt der Equinix-Mann: „Abwärmenutzung ist das aktuellste Thema. Außerdem werden wir PPAs, Fuel Cells und Photovoltaik weitertreiben. Die begrünten Fassaden kommen auch nach München, zudem werden wir Fassaden von Bestandsbauten begrünen.“ Des Weiteren wolle Equinix evaluieren, wie man die Etalytics-Technik weiter ausrollen kann. Dabei komme dem Unternehmen sein RZ-Standarddesign zugute.

„Beim RZ-Bau muss man wegkommen von den großen grauen Klötzen,“ sagt Feidner abschließend. „Die Rechenzentren müssen sich ins Stadtbild einfügen, denn sie stehen bei uns nicht, wie etwa in den USA, einfach auf der grünen Wiese, sondern oft nah an einem Wohngebiet.“ Zeitgleich arbeite man daran, die PUE-Werte weiter zu senken: „Equinix unterhält bereits Rechenzentren, die mit einem PUE-Wert von 1,1 laufen. In den PUE-Bereich von 1,1 bis 1,2 zu kommen, sollte in Deutschland der Standard sein.“

Equinix hat sich also viel vorgenommen, um sich dem Ziel eines klimaneutralen RZ-Betriebs zu nähern, auch jenseits technischer Verbesserungen. Derzeit liegt deshalb großes Potenzial im Umzug ineffizienter Firmen-RZs in hocheffiziente Colocation-Gebäude, idealerweise mit Aktualisierung der Server. Vor allem aber müssen sich Städteplaner und RZ-Betreiber auf Wege einigen, die RZ-Abwärme intelligent zu nutzen, statt sie zu verschwenden. Denn laut den Modellen der Klimaforschung bleiben uns nur noch wenige Jahre, um die Überhitzung unseres Habitats auf zwei oder bestenfalls 1,5 Grad zu begrenzen. Gelingt dies nicht, dann reichen alle Bankentürme der Welt nicht aus, um genug kühlenden Schatten zu spenden.


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