Diese Tendenz spiegelt sich letztendlich in den Verkaufszahlen des Handels wider. Beispielsweise ist bei PC-Spezialist, Fachhandelsverbund der Synaxon AG, der gesamte Hardwareabsatz im ersten Halbjahr 2015 rückläufig, der Bereich Komponenten sticht dabei aber überproportional heraus. »Hier ist der Absatz im CPU- und Mainboard-Bereich prozentual deutlich zweistellig gesunken«, so Schröder. Während PC-Spezialist exemplarisch für das Geschäft mit Privat- und kleineren Firmenkunden steht, gibt es ähnliche Berichte aus dem Systemhausbereich und damit Projektgeschäft. So greifen auch die Kunden von Bechtle verstärkt zu Komplettsystemen und entscheiden sich aus »wirtschaftlichen Gründen« gegen ein Upgrade, wie Jochen Kugel, Bereichsleiter Produktmanagement bei Bechtle Logistik & Service, erklärt. »Es gibt durchaus Projekte, in deren Fokus Komponenten stehen. Das ist allerdings die Ausnahme.«
In Reaktion auf das sinkende Upgrade-Geschäft haben sich viele Händler und Hersteller angepasst und alternative Strategien ausgelotet. Beispielweise stehen jetzt individuell vom Fachmann zusammengestellte Rechner auf der Agenda, aber auch den Einbau einzelner Komponenten übernehmen unter anderem Händler bei PC-Spezialist. »Natürlich haben wir auch immer noch einige Kunden, die für den reinen Hardware-Kauf den Weg zu uns finden«, erklärt der Synaxon-Vorstand. »Diese Gruppe ist in den letzten Jahren aber so geschrumpft, dass sich ein Geschäft nur darüber nicht mehr tragen würde.« Die Umstellung bringt aber auch Vorteile mit sich. Waren zuvor hauptsächlich Endkunden und hier vor allem Hardwarekäufer die Hauptzielgruppe bei PC-Spezialist, sind es nunmehr Service-Kunden, über die viel Geschäft im B-2-B-Umfeld hinzugewonnen werden konnte.
Letztendlich stellt dieser Umbruch im Kundenbereich aber keinen Abgesang auf den Komponentenmarkt dar. Vielmehr finden die Produkte schlicht mit einer steigenden Zahl an Möglichkeiten ihren Weg zum Kunden. Besonders der anhaltende Wunsch nach individuellen Systemlösungen und einem flexiblen Build-to-Order-Prinzip spielt dem Komponentenmarkt weiterhin in die Karten. »Solange dieser Bedarf anhält, werden auch Komponenten einzeln verkauft«, erklärt Plaire.
Ein Umstand, der sich besonders am Erfolg der deutschen Assemblierer und OEMs belegen lässt: Hierzulande zum System zusammengefügte Komponenten erfreuen sich großer Nachfrage. »Die Bedeutung der Assemblierer wird auch 2015 nicht nachlassen«, bekräftigt Cato. Neben vielen potenziellen Geschäftsfeldern könnten diese besonders über Kundenbindung punkten. »Handwerker, Ärzte, Automechaniker und andere KMUs lassen ihre Rechner tendenziell gerne gleich von den Integratoren assemblieren, die sonst auch für deren IT verantwortlich sind.« Gerade in dieser Nähe zum Kunden und der Kenntnis der individuellen Ansprüche an die Bausteine eines Systems sehen auch die Anbieter ihren großen Vorteil.
»Die Rückschläge und Preisaufschläge bei den multinationalen OEMs sprechen ihre Sprache«, stellt Uwe Hüfner, Head of Brand Product Marketing bei Tarox, fest. »Als nationaler OEM kann und muss man viel direkter auf den Kundenwunsch eingehen.« Gerade dieses OEM-Geschäft auf Herstellerebene hat allerdings rückwirkend auch negative Einflüsse auf das Komponentengeschäft der Händler. »Natürlich machen sich die Build-to-Order- oder Configured-to-Order-Modelle der Hersteller bemerkbar«, erklärt Kugel. Andererseits steigen im Gegenzug die Client- und Service-Absätze. Trotz wachsender Bereitschaft der Kunden, lieber gleich in ein fertiges Komplettsystem zu investieren, ist der Handel von Einzelkomponenten und damit verbunden das Upgrade-Geschäft noch nicht gänzlich aus dem Channel verschwunden. Allerdings ist die Zielgruppe deutlich kleiner geworden.