Macht die Digitalisierung krank? Die Frage kommt nicht von ungefähr, denn das ständige "Always on"-Sein bringt nicht nur Vorteile mit sich. Aber ist dem wirklich so? Erste konkrete Erkenntnisse zu dieser Fragestellung will eine kürzlich vorgestellt Studie der Universität St. Gallen liefern.
Die Always-on-Mentalität in Zeiten des digitalen Arbeitsplatzes ist Segen und Fluch zugleich. Auf der einen Seite ermöglicht sie ein flexibleres Arbeiten, auf der anderen Seite erhöht sie den Arbeitsdruck und sorgt durch ständige Erreichbarkeit und Informationsflut für Stress im Arbeits- aber auch Familienleben. Die genauen Folgen der Digitalisierung für die Gesundheit der Arbeitnehmer sind nun Gegenstand einer Ende September in Berlin vorgestellten Studie. Im Auftrag der Zeitung „Bild am Sonntag“ und der Krankenkasse Barmer GEK, unter Projektbeteiligung der Deutschen Telekom, hat die Universität St. Gallen die Frage untersucht, welche Chancen und Risiken zunehmend digitale Abläufe auf die Gesundheit der Beschäftigten haben. Dazu wurde im Juli und August 2016 eine Online-Umfrage unter mehr als 8.000 Teilnehmern durchgeführt. Befragt wurden Auszubildende, Freiberufler, Beamte, Arbeiter und leitende Angestellte aus verschiedenen Altersgruppen. Die Ergebnisse sollen repräsentativ für die 33,3 Millionen Berufstätigen in Deutschland sein, die während ihrer Arbeitszeit mit Computern arbeiten oder Mobiltelefone nutzen. Die Quintessenz der Studie ist:
So zeigt sich insgesamt, dass die Mehrheit der Befragten der Digitalisierung opti-mistisch gegenüber steht. Das gilt sowohl für jüngere als auch ältere Arbeitnehmer. Der digitale Wandel scheint demnach in allen Altersschichten und Berufsgruppen angekommen zu sein.
Krank, aber nicht krank gemeldet
Punkt 2 ist insofern interessant, dass die Studie auf der einen Seite belegt, die Digitalisierung kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. So werden als konkrete Gesundheitsprobleme Rückenschmerzen, Verstimmungen und Kopfschmerzen/Migräne genannt. Emotionale Erschöpfung („Burnout“) zeige sich bei 23 Prozent der Beschäftigten. Sie geben an, sich durch ihre Arbeit emotional erschöpft zu fühlen. Und jeder Fünfte fühle sich durch seine Arbeit ausgebrannt. Wer durch Arbeitstempo und Informationsflut stärker unter dem Digitalisierungsdruck leidet, erlebe das Phänomen Burnout noch sehr viel stärker ausgeprägt. Von diesen Befragten sind fast 40 Prozent zudem der Meinung, dass die Arbeitsanforderungen auch das Privat- und Familienleben beeinträchtigen.
Fakt ist auf der anderen Seite aber auch: Die Digitalisierung erhöht den Krankenstand kaum. Jeder Dritte gibt an, in den vergangenen zwölf Monaten keinen Tag dem Arbeitsplatz wegen Krankheit ferngeblieben zu sein, und weitere 40 Prozent waren höchstens neun Tage im letzten Jahr krank zuhause. Der Anteil Langzeitkranker (>100 Tage) ist mit zwei Prozent marginal.