Das Thema Mindestlohn wird in der Callcenter-Branche bereits seit geraumer Zeit diskutiert und findet durch Gewerkschaftsaktionen auch immer wieder den Weg in die politische Diskussion und in die Medien.
Gleich mehrere Aspekte des Mindestlohns in der Callcenter-Branche werden in der so polemischen und öffentlichkeitswirksamen Diskussion häufig ausgeklammert. Zum einen ist das die Definition der Callcenter-Branche. Mindestlöhne sind für die meisten Inhouse-Callcenter kein Thema. Betroffen von der Diskussion sind im Wesentlichen nur die Outsourcing-Dienstleister.
6.700 Callcenter gibt es nach Angaben des Callcenter Verbandes Deutschland hierzulande. Die Top-10-Player im Markt decken gerade mal 34 Prozent des vom Callcenter-Verband geschätzten Marktvolumens der Dienstleister von fünf Milliarden Euro jährlich ab. Nimmt man das geschätzte Gesamtmarktvolumen von zwölf Milliarden Euro jährlich, repräsentieren die Top-10 sogar nur 14 Prozent des Marktes. Wer mit der Callcenter-Branche oder genauer, mit den Dienstleistern in der Callcenter-Branche sprechen will, sieht sich einem zersplitterten Markt gegenüber, bei dem die Einzelinteressen schwerlich unter einen Hut zu bringen sind.
Auf der anderen Seite fühlen sich diverse Gewerkschaften als Meinungsmacher berufen und propagieren zudem noch unterschiedliche Mindestlöhne. Wer soll da auf Seiten der Callcenter einerseits und der Gewerkschaften andererseits mit wem reden, um zu einem Konsens zu kommen? Klar definierte Tarifpartner, die verbindliche Lösungen für die Gesamtbranche verhandeln, gibt es hier nicht, deshalb kommt die Diskussion auch nicht voran. Die Dienstleister befinden sich darüber hinaus in der unangenehmen Sandwichposition zwischen den Forderungen der Gewerkschaften nach Mindestlöhnen einerseits und Preisdruck der Auftraggeber andererseits.