Trotz verhaltener Reaktionen aus dem Channel ist Fakt: All IP kommt bis 2018. »ISDN hat das End of Life erreicht«, sagt Markus Jodl, Kommunikationsleiter des Infrastrukturausbaus der Deutschen Telekom. »Unsere Ziele waren immer ambitioniert, aber dieser Termin bleibt fix.« Davon gehen auch verschiedene Unternehmen aus der ITK-Branche aus. »Mit Blick auf die derzeit sichtbaren Aktivitäten, speziell im Vertriebs- und Marketingbereich, halte ich das Jahr 2018 für eine absolut realistische Einschätzung«, sagt Bernd Büttner, Director Strategic Marketing bei Bintec Elmeg. Und auch Jürgen Städing, CPO bei NFon, sieht keine Problemstellung bei der Erreichung des Termins: »Die Telekom hat ihre Arbeit gemacht. Die Technik und die Bandbreiten sind da.«
Um diesen Plan umzusetzen, greift der Netzbetreiber zu teils vehementen Mitteln. Wie die Verbraucherzentrale Sachsen offenlegte, gingen in den vergangenen Wochen Schreiben an Privatkunden, in denen die Telekom dazu auffordert, sich für einen neuen IP-Tarif oder die Kündigung zu entscheiden. »Intern gab es ein langes Hin und Her, da es letztendlich eine Kündigung bleibt«, so Jodl gegenüber CRN. Die Vorlaufzeit von meist 4,5 Monaten sei jedoch angemessen und der Netzbetreiber biete die entsprechenden Alternativen an. »Die Anfrage nach Business-Lösungen hält sich noch in Grenzen, derzeit überwiegen Anfragen von verunsicherten Privatkunden, da die Telekom und deren Vertriebspartner hier viel Druck aufbauen«, sagt Wimmer. Unternehmenskunden sind laut Jodl nicht von entsprechenden Schreiben betroffen. In diesen Fällen arbeite die Telekom im Gespräch individuelle Lösungen aus.
Trotz der moderateren Gangart im Unternehmensumfeld zeigt der Nachdruck des Netzbetreibers bei der Umsetzung, wie brennend das Thema All IP für die komplette Branche ist und quasi jede Minute an Bedeutung gewinnt. »Aktuell dürfte der Anteil von IP bei Amtsanschlüssen und SIP-Trunks bei unseren Kunden noch eher im niedrigen zweistelligen Bereich liegen«, sagt Michael Page, Vertriebsleiter bei Mitel Deutschland. »Doch erwarten wir, dass sich dieses Verhältnis kurz- bis mittelfristig sehr schnell zugunsten der SIP-Trunks deutlich verändern wird.« Ein vergleichbares Bild zeichnet sich in der Distributionslandschaft ab. »Die Nachfrage nach IP-basierten Telekommunikationslösungen ist gestiegen«, erklärt Hans-Jürgen Witfeld, Vertriebsleiter des Distributors Herweck. »Wir erwarten auch in den kommenden Jahren einen weiteren Anstieg und raten jedem Händler, seine Kunden entsprechend zu beraten.« Dieser Ratschlag bleibt in der Branche kein Einzelfall. Trotz der vielen Vorbehalte gegenüber der Zuverlässigkeit der reinen IP-Lösungen im Channel, weisen Branchenexperten auf die Unausweichlichkeit des Umstiegs hin (mehr erfahren Sie im Infokasten auf Seite 22) und die Notwendigkeit, besonders Neukunden schon jetzt mit der zukunftssicheren Technologie auszurüsten. »Für Unternehmen, die heute noch auf klassische Telefonanlagen ohne IP-Zugang oder Aufrüstbarkeit gesetzt haben, bedeutet die Umstellung im Jahr 2018 eine notwendige Investition in eine neue, moderne Telefonanlage«, erklärt Dagmar Geer, Vorstandsvorsitzende des Herstellers Innovaphone. »Möglicherweise wird das noch einmal einen neuen Schub für IP- und UC-Lösungen bedeuten.« Und auch Witfeld rät zur sofortigen Umstellung der TK-Systeme: »Welcher Kunde, sowohl Privat- als auch Geschäftskunde, möchte sich in spätestens drei bis vier Jahren um eine neue Telekommunikationslösung oder gar neue, unter Umständen kostenintensive Hardware kümmern?« Bestandkunden könnten hingegen, solange sich keine Hardwareengpässe einstellen, warten, bis bei ihnen das Netz auf IP umgestellt wird.