Sie sind der neue Trend der digitalen Welt: „Super-Apps“. Sie versprechen dem Nutzer mehr Komfort und Einfachheit in der Handhabung und ersparen ein ständiges Wechseln zwischen mehreren Apps für verschiedene Funktionen. Doch was können die kleinen Multitalente wirklich – und gibt es einen Haken?
Ein theoretischer Tagesablauf: Man wacht morgens auf, sieht aus dem Fenster in das nasse Grau. Ein Blick auf die Wetter-App verrät, dass sich der Regen auch im Laufe des Tages nicht verzieht. Der Magen knurrt aber trotzdem, also schnell noch etwas Essbares über eine Lebensmittel-Liefer-App bestellen oder gleich den ganzen Wocheneinkauf über die Supermarkt-App nach Hause bringen lassen. Während des Frühstücks werden sämtliche soziale Medien und Messenger nach verpassten Nachrichten und interessanten Neuigkeiten aus der Welt durchforstet, anschließend startet der Weg zur Arbeit mit der U-Bahn. Dazu also schnell ein Ticket in der App des örtlichen ÖPNV gebucht. Zwei Minuten Umsteigezeit verschaffen die Möglichkeit, sich beim Bäcker eben einen Kaffee zu kaufen. Weil es schnell gehen muss, wird kurzerhand mit dem Smartphone bezahlt.
So ein Start in den Tag klingt bekannt? Allein an diesem Morgen wurden mindestens sechs Apps genutzt. Wie viel einfacher wäre es, wenn man all diese Funktionen in einer einzigen App vereint hätte? Das ständige Hin- und Herwechseln und auch das Eingeben verschiedener Passwörter würde dadurch wegfallen. Das dachten sich auch einige App-Entwickler und so werden immer mehr Dienste und Marktplätze in bestehende Plattformen integriert. Prominentestes Beispiel dafür ist die chinesische App Wechat, die mittlerweile einen eigenen App Store für die 3,2 Millionen Mini-Apps hat, die sie in sich vereint.
Gestartet als einfache Messenger-App, gibt es heute für die mehr als eine Milliarde aktive NutzerInnen eine Bezahlfunktion, die Möglichkeit, Taxis und Essen zu bestellen und vieles mehr. Zusätzlich lässt sich die chinesische ID-Karte mit der App verknüpfen. Andere Apps wie Grab, Rappe oder Gojek entwickelten sich ähnlich. Kurz gesagt: Eine Super-App ist also nichts anderes als eine App, die mehrere Dienste bündelt. Den Trend hin zur Super-App gibt es übrigens nicht nur in Asien. Erst kürzlich unternahm Paypal den Versuch, die Plattform Pinterest zu erwerben und so Bezahl-Plattform und Marktplatz zu verbinden (siehe Kasten „Bezahldienste aktuell“). Auch Whatsapp möchte in Zukunft Kataloge von Waren im Messenger anzeigen, Google macht sich über eigene Girokonten Gedanken, auf die mit Google Pay direkt zugegriffen werden kann.
Rekordhoch: Tägliche Verweildauer steigt weltweit |
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Wie viel Zeit Berufstätige in ihrer Freizeit weltweit für die Nutzung von Apps aufwenden, hat App Annie im dritten Quartalsbericht des Jahres 2021 veröffentlicht. Die Verweildauer in Apps ist demnach weltweit gestiegen. An der Spitze steht Indonesien mit 5,5 Stunden pro Tag. App Annie betitelt den Inselstaat als „stärkste Mobile-orientierte Region“. Dicht dahinter ist die brasilianische Bevölkerung mit 5,4 Stunden gelistet, gefolgt von 5 Stunden täglicher Nutzungszeit in Südkorea. Auch in Indien, Mexiko und Japan verweilte die Bevölkerung durchschnittlich 4,8 Stunden am Tag in mobilen Apps. Dahingegen befinden sich die Deutschen mit täglichen 3,3 Stunden auf dem vorletzten Platz. App Annie schlussfolgert, dass diese Zahlen die weiterhin gestiegene Relevanz der Smartphones für VerbraucherInnen widerspiegelt – insbesondere in Entwicklungsländern. Brasilien, Indien und Mexiko sind immerhin unter den Top 5 des Rankings wiederzufinden. Auch bleibt festzuhalten: Zwölf der 16 gelisteten Länder verbringen mehr als vier Stunden täglich mit Apps – im letzten Quartal waren es noch acht Nationen. Smartphones spalten die Machtverhältnisse zu den analogen Medien immer stärker, der Fernseher ist schon lange nicht mehr das dominierende Massenmedium. Die vor dem Fernseher verbrachte Zeit ist in den vergangenen zehn Jahren von drei auf zweieinhalb Stunden gesunken. Tiktok, Social Media Evergreens und Corona |