Von der Kanalverschmelzung ist auch der PoS selbst nicht unberührt geblieben. Auch auf der Verkaufsfläche will der Händler seinem Kunden zeigen, dass er dessen Bedürfnis nach einem konsistenten Einkaufserlebnis verstanden hat. Die Folge: Immer mehr digitale Einkaufshelfer wie Tablets oder Touchscreen-Monitore beispielsweise zur Tarifauswahl haben in den letzten Jahren auf der Fläche Einzug gehalten. Im Zentrum steht dabei das Smartphone, das schließlich von 60 Prozent aller Deutschen über 14 Jahren genutzt wird. Die Versuchung ist groß, den ständigen Begleiter als Einfallstor zur individuellen Kundenansprache zu betrachten.
Allerdings sollten nicht alle digitalen Möglichkeiten unreflektiert eingesetzt werden, wie eine aktuelle Studie des Personalisierungsdienstleisters Rich Relevance zeigt, für die im vergangenen August 1.028 Deutsche nach ihrer Meinung zu Maßnahmen am PoS befragt wurden. Nicht alles, was technisch machbar ist, stößt demnach auf Gegenliebe. Während Scanmöglichkeiten bei Produkten, Indoor-Navigation oder Rabattanzeigen am Regal von den Kunden gewünscht werden, reagieren sie bei personalisierten Produktvorschlägen auf dem Kassenbon auf Basis früherer Einkäufe und ihres Surf-verhaltens, Willkommensnachrichten auf dem Smartphone beim Betreten des Geschäfts oder personalisierter Werbung auf Displays per Gesichtserkennung mehr als skeptisch. Die Studie zeigt: Vor allem in Deutschland sollte man im Moment mit Tracking- und Personalisierungslösungen eher vorsichtig umgehen. Die Akzeptanz darauf beruhender Dienste ist unter hiesigen Konsumenten alles andere als ausgeprägt.
Ein Paradebeispiel für die nicht immer vorhandene Bereitschaft auf Kundenseite, alle technischen Neuerungen mit Begeisterung anzunehmen und zu nutzen, ist Mobile Payment am PoS. Seit Jahren treiben Industrie und Handel das Thema voran, werden neue Pilotprojekte gestartet, und immer mehr neue Lösungen von den Bezahlanbietern präsentiert. Ende letzten Jahres dann scheiterte die einst mit großen Ambitionen gestartete Otto-Tochter Yapital. »Die Geschäftsentwicklung und vor allem die Entwicklung der Endkundenzahl ist in diesem Bereich zum aktuellen Zeitpunkt schlicht nicht kalkulierbar. Bereits vor drei Jahren sprach man vom Mobile Payment-Durchbruch, und dennoch gibt es heute laut Studien gerade mal 200.000 Nutzer in Deutschland«, so das enttäuschte Fazit des Yapital-Geschäftsführers Marc Berg. Der Zuspruch auf Händlerseite war vorhanden, nur die Zahl der aktiven Nutzer blieb konstant weit unter den avisierten Zielen.
Auch Marcus Mosen, Vorsitzender der Geschäftsführung beim europaweit tätigen Paymentdienstleister Concardis, bestätigt die Einschätzung. Tatsächlich rechne die Paymentbranche seit zwei Jahren mit dem Durchbruch beim Mobile Payment. »Der Handel ist reif. Nur ist es am PoS möglicherweise noch nicht ganz angekommen«, so Mosen. Vieles spricht laut dem Manager jedoch dafür, dass der Tipping Point in Kürze erreicht wird. »Aus unseren Gesprächen mit den Entscheidern im Handel wissen wir, dass sie im Rahmen ihrer Digitalisierungsstrategie sehr wohl im Blick haben, wie sie neue Services bereitstellen können, um über einfache und kontaktlose Kommunikation mit dem Kunden nicht nur den Bezahlvorgang abzuwickeln, sondern auch vielfältige Kundenbindungsinstrumente und Marke-tingmöglichkeiten zur Anwendung zu bringen.« Für Mosen muss der digitale Bezahlvorgang nicht Selbstzweck, sondern integraler Service innerhalb von Apps sein, um endlich den Durchbruch zu schaffen. Innovativen Banking-Apps spricht der Concardis-Geschäftsführer eine Vorreiterrolle zu. »Wir werden Zeiten haben, in denen es Plastik nach wie vor gibt, die plastiklose Karte aber stetig zunimmt, weil sie nur als Datensatz hinterlegt ist«, so Mosen.
Yapital sei schließlich am langen Time to Market und am zu geringen Nutzen für den Verbraucher gescheitert. Und das seien letztlich die Entscheidungskriterien für den Handel: »Was nutzt mir eine neue Paymentmethode? Welchen Aufwand habe ich damit? Wie groß ist die Nachfrage danach?«