Uns ist das durch die Einführung so genannter „core collaboration hours“ gelungen: Vier Stunden am Tag, die für synchrone Arbeit wie regelmäßige Besprechungen, Videokonferenzen und Check-Ins genutzt werden sollen, damit der Rest des Tages möglichst frei von Meetings und Videokonferenzen ist. Andere Unternehmen haben Meeting-freie Tage oder „virtuelle Sprechstunden“eingeführt, in denen Mitarbeiter:innen Zeit für Gespräche mit Führungskräften buchen können — also hybride Äquivalente zu einer „open door policy“. Im Kern geht es darum, bewusst einen (Zeit-) Raum für Austausch und Begegnung zu schaffen - das Invest zahlt sich aus!
Zudem war es uns ganz wichtig, unseren Mitarbeitenden Zeitautonomie zu gewähren, also die größtmögliche Bestimmung über die Einteilung ihres Arbeitstages außerhalb der Core Collaboration Hours. Dazu ein deutlicher Rat: Schaffen Sie bewusste Zeiten für Nicht-Erreichbarkeit! Denn genau da, wo Arbeit und Privatleben komplett miteinander verschmelzen, besteht die Gefahr von Erschöpfung und Burnout. In Frankreich beispielsweise gibt es bereits seit 2017 ein „Recht auf Nichterreichbarkeit” für Angestellte; in Deutschland haben einige Unternehmen ähnliche Regeln über Betriebsvereinbarungen eingeführt. Ein schönes Beispiel bei Dropbox ist die „unplugged PTO“. An Werktagen, für die ein offizieller Urlaubsantrag bewilligt wurde, werden automatisch für die gesamte Zeit der Abwesenheit alle Benachrichtigungen ausgeschaltet.
Meine Empfehlung: Damit aus „working from home“ nicht „living at work“ wird, sollten Arbeitgeber:innen und Belegschaft sich unbedingt auch über Nichterreichbarkeit verständigen!
Trotz der Veränderungen, die die Arbeitswelt durch die Erfahrungen mit der Pandemie vollzogen hat, scheint es noch zu früh, um tatsächlich fundierte Prognosen abgeben zu können, welche Arbeitsformen sich durchsetzen werden. Selbst unseren gewählten „Virtual First“-Ansatz werden wir in den kommenden Wochen und Monaten immer wieder und weiter an die dynamischen Entwicklungen anpassen. Ein paar Regeln lassen sich allerdings schon festhalten:
Hybride Arbeit, bei der ein Teil der Mitarbeiter:innen im Büro arbeitet und ein Teil im Homeoffice oder einem Coworking-Space, birgt das Risiko einer unbeabsichtigten Benachteiligung der Mitarbeiter:innen, die nicht ständig präsent sind. Unternehmen müssen systematische Voreingenommenheiten zu Ungunsten von Homeoffice-Mitarbeiter:innen (gerade bei Beförderungen) unterbinden und ihre Prozesse idealer Weise so gestalten, dass sie grundsätzlich von überall aus erledigt werden können („remote first“).
Andrea Trapp ist Vice President of Business International bei Dropbox und leitet ihre internationalen Teams aus München heraus. Die diplomierte Wirtschaftswissenschaftlerin und Expertin für Change-Management war 22 Jahre lang - zeitweise im Ausland - in europaweiten Führungs- oder Vorstandspositionen internationaler Tech- und PropTech-Unternehmen tätig. Ihre inhaltlichen Schwerpunkte lagen dabei stets auf den Themen digital Leadership und der Optimierung von Transformationsprozessen. Dabei versteht sie sich als Coach und Mentorin ihrer Teams. Bei Dropbox steht sie als Leitfigur in der aktuellen Transformation in ein „Virtual First”-Unternehmen. Wenn Dropbox - sobald die Pandemieumstände es wieder zulassen - sich wieder physisch treffen wird, werden statt klassischer Büros umfunktionierte Räume für Kollaboration, soziale Begegnungen und Meetings mit Kund:innen auf die Mitarbeitenden warten. Schreibtische werden dort nicht mehr zu finden sein.